Stuffedbellylover – Freundinnen – 1 – Das Projekt

Die sommerliche Samstagssonne schien warm vom Himmel herab und der Duft von auf den üppigen Wiesen der Münchener Vorstadt blühenden Blumen umgab die Luft. Vögel gaben zwitschernd ihre Konzerte und die Bienen mit ihrem Summen und die Grillen mit ihrem Zirpen stimmten mit ein.

Hannah saß auf der von der Sonne angenehm gewärmten Treppe und lauschte den Geräuschen aus dem Teich im Garten, von wo sie das Quacken eines Frosches vernahm. Hannah atmete die sommerliche Luft ein, während sie ihre hellblauen Augen schloss und sich durch ihre blonden schulterlangen Haare strich.

Nett war es gewesen, dass ihre Großmutter sie und ihren Freundinnen bei dem gemeinsamen Schulprojekt helfen wollte. Wo blieben denn nur ihre vier Mitstreiterinnen.

Kaum hatte sie diesen Gedanken gehabt, da fuhr auch schon der rote Golf von Krissy vor.

Nun ja, das leise Bremsen hat sie nicht erfunden, dachte Hannah als die Reifen in der Einfahrt quietschten und etwas Gummiabrieb auf dem Asphalt zurückblieb. Aber diesen Fahrstil war Hannah bei Krissy gewohnt, immerhin hatte diese schon vor einem Jahr den Lappen gemacht. Hannah hatte selber erst 6 Monate Fahrpraxis, pünktlich zum 18ten Geburtstag.

Hannah erhob ihre 1,62 m und ging Krissy und den anderen vier Mädels entgegen. Zuerst hieß es „Krissy-Drücken“, wobei selbige immer aufpassen musste, Hannah nicht zu feste zu drücken. Immerhin hatte Hannah mit ihren schlanken 55 kg gut 45 kg weniger auf den Rippen als die braunhaarige Krissy mit ihren 1,75 m. Ja, satte 100 kg hatte die gute Krissy mit ihren 19 Jahren in die Waagschale zu werfen. Überbleibsel des Liebeskummers aus ihrem 17ten Lebensjahr dank einer unglücklichen Beziehung. Nach der Trennung setzte bei Krissy eine Fressphase ein, die speziell von Schokoladen-Sucht geprägt war und innerhalb von einem halben Jahr zu einem Zuwachs von mehr als 30 kg führte, den Krissy einfach nicht mehr loswurde.

Hannah musste sich gut Strecken, um Krissy bei der Umarmung in die grünen Augen zu schauen.

Danach wurde die schwarzhaarige Inga begrüßt. Mit ihren 62 kg bei 1,68 m kam Inga Hannah dem Gewicht nach am Ehesten nahe, ebenso verhielt es sich mit der Augenfarbe, obwohl Ingas Augen doch einen eher dunkelblauen Stich hatten.

Schwarzhaarig, aber braunäugig ging es weiter in Sachen Begrüßung, denn nun kam die 1,72 m hohe Nina mit ihren 65 kg an die Reihe.

Ihr schloss sich die grünäugige Meg mit ihren blonden Haaren an. Mit ihren 1,70 lag sie genau im Mittelfeld der Damen und war die zweitschwerste mit ihren 68 kg, die sich jedoch elegant verteilt hatten.
Als Letzte kam Alessandra an die Reihe, eine 1,70 m große und 64 kg schwere italienisch-stämmige Schönheit.

„So nun lasst uns hinein gehen, Großmutter wartet schon mit Kaffee und Kuchen.“ sprach Hannah und geleitete ihre Freundinnen ins Wohnzimmer an den gedeckten Kaffeetisch.

* * *

Es donnerte und die Blitze zuckten durch die März-Nacht. Zudem lag über den Baracken der Geruch von Krankheit, Elend und Tod.

„Nun gibt es keine Hoffnungen mehr, dass wir das jemals überstehen.“ sprach eine schon vom alter gezeichnete Frau.

„Großmutter sprich nicht so bitte, du verschreckst die Kinder.“ erwiderte eine dunkelhaarige Teenagerin, offensichtlich die Enkelin der Frau.

„Ach Sara“ wandte sich die Alte nun ihrer Gesprächspartnerin zu „glaube mir, es gibt keine Rettung mehr. Wir sind verloren!“

„Ist es falsch, auf ein Wunder zu hoffen, Großmutter?“

„Nein mein Kind, falsch ist das nie. Aber ich habe schon zu viel durchgemacht, um das noch zu glauben. Bald Sara, sind wir an einem besseren Ort… wir alle!“

„Mutter!…“ schaltete sich nun eine Frau mittleren Alters ein. Die Ähnlichkeit zwischen ihr und der jungen Dame, die vorher Sara genannt wurde war zu frappierend, um nicht direkt auf eine Mutter-Tochter-Verwandtschaft schließen zu lassen.

„Helen, maßregel mich nicht. Ich bin immer noch deine Mutter!“

„Mutter, ich möchte nicht, dass du Sara Angst einjagst!“

„Schon gut Mama. Ich habe keinerlei Angst. Der Himmel wird uns beschützen.“

„Ja Sara, da hast du Recht!“ nahm Helen ihre Tochter in den Arm, um sie feste zu drücken.

* * *

„Wie viel Ausfälle heute?“

„378 Herr Kommandant! Es wird Zeit, dass wir bald Nachschub kriegen. Dieses Pack arbeitet immer weniger…“

„Morgen sollen uns neue Arbeitskräfte gebracht werden, Schneider.“

„In Ordnung Herr Kommandant! Ich werde diesen Abfall schon ans Arbeiten kriegen.“

„Recht so! Du jetzt weggetreten!“

„Jawohl Herr Kommandant! Für Führer und Vaterland!“

Der Schwarzuniformierte verabschiedete sich und mit ihm ging ein anderer Soldat, der sich ruhig verhalten hatte, mit aus der Kommando-Baracke.

Nachdem sie aus der Baracke herausgetreten waren, sprach der zuvor redegewandte seinen stummen Begleiter an.

„Na, kommste noch mit ins Wirtshaus?“

„Nee Franz, heute nicht. Ich habe mir für heut was anderes vorgenommen.“

„In letzter Zeit biste komisch drauf. So emotionslos und abwesend. Ohne das Feuer, was dich früher ausgemacht hat. Du wirst doch nicht etwa am Führer und am Endsieg zweifeln? Oder?“

„Nein, wo denkst du hin! Ich bin nur nachdenklicher geworden wegen meinem Bruder weißte.“

„Immer noch nichts Neues?“

„Leider nicht. Genau das ist ja das Schlimme. Man hat etliche seiner Kameraden von ihm gefallen aufgefunden, aber von ihm fehlt jede Spur.“

„Wenn er einen Volltreffer bekommen hat, dann wirste von ihm nix mehr finden können.“

„Ja, das wäre das Schlimmste. Besonders für Mutter daheim… sie kann sich nicht mal verabschieden, bevor er nicht gefunden wurde… und er ist schon 12 Wochen vermisst.“

„Scheiß Ivans… Aber das kriegen diese Stalinisten zurück. Dafür wird der Führer schon sorgen. Und im Westen, da zeigen wir den Briten, Amis und der restlichen Bagage auch, was wir alles können. Nicht wahr?“ lächelte Franz seinen Kameraden an.

„Ja, ja!“ murmelte sein Begleiter.

„Doch ich muss jetzt los… die andern Kameraden warten schon auf mich. Bis morgen.“

„Bis morgen Franz.“

* * *

Sara weinte bittere Tränen. Die Baracke war schlecht ausgeleuchtet und verstaubt und durch die dicken Holzbalken konnte man nur spärlich die Morgensonne erahnen, die nun aufgezogen war.

Helen, ihre Mutter, versuchte ihrer Tochter Trost zu geben, obwohl sie selber dem Zusammenbruch nahe war.

Beide knieten vor einer verschmutzen Pritsche auf der sich der nun leblose und eiskalte Körper von Helens Mutter, also Saras Großmutter befand.

Die Arbeitsstrapazen der letzten Wochen und Monate hatten nun ein weiteres Opfer gefunden…

„Wenigstens“, so versuchte eine Frau Trost zu geben „ist sie friedlich eingeschlafen und nicht elendigst im Gas erstickt… so wie es die Meisten von uns wohl durchmachen müssen…“

Aber nicht einmal das konnte Helen und Sara trösten. Ein Familienmitglied weniger… wieder einmal… was die ermordeten Verwandten anging so verloren beide allmählich den Überblick. Zu viele waren deportiert worden und man hatte nie wieder etwas von ihnen gehört oder gesehen.

Zum Glück würde ihre Familie nicht ganz ausgerottet werden, sondern würde zumindest teilweise überleben.

Immerhin hatten sich Helens Mann (und damit Saras Vater) sowie Saras ältere Schwester nach Skandinavien absetzen können… Leider hatte das Geld nicht für alle gereicht und daher mussten Sara und ihre Mutter sowie Großmutter schweren Herzens in Deutschland bleiben bis der Vater genug Geld zusammen hatte, um ihnen eine Reisemöglichkeit besorgen zu können. Doch kurz bevor es soweit war, da kam es zur Deportation…

Auf einmal wurde die Tür in der Baracke aufgerissen und 3 SS-Posten traten ein.

Ihr Blick fiel direkt auf Saras tote Großmutter.

„Sieh an… eine Drecks-Jüdin an der sich keiner mehr die Finger schmutzig machen braucht… Wenn ihr doch nur alle so gefügig wärt und nach verrichteter Arbeit einfach verrecken würdet…!“ lachte einer der 3 Männer dreckig. „Holt ne Bahre und sagt Bescheid, dass der Ofen vorgeheizt werden kann, gibt Arbeit!“

Die beiden anderen, rangniedrigeren SS-Leute taten wie geheißen und so wurde Saras Großmutter relativ lieblos auf die Bahre befördert und abtransportiert.

„Das steht euch auch noch bevor, euch Ratten!“ drehte sich einer der Männer beim Verlassen der Baracke um.

10 Minuten, nachdem die Männer die Baracke verlassen hatten, fing eine der Frauen erbärmlich an zu schreien.

„Esther… was ist?“ fragte eine der Frauen.

„Die Wehen…!“ antwortete diese.

„Auch wenn es schwer fällt, sei bitte ruhig Esther… Es war schwierig genug, deinen Bauch zu verstecken. Du weißt, was aus dem Kind wird, wenn sie es finden… Bitte reiß dich zusammen. Bringt ihr doch einer mal ein Stück Holz, damit sie draufbeißen kann, um die Schmerzen erträglicher zu machen!“

Jemand brachte ein Beißholz für Esther. Obwohl die Umstände und Gegebenheiten denkbar schlecht waren, verlief die Geburt relativ reibungslos und Esther brachte einen gesunden Jungen zur Welt.

„Gratuliere Esther! Ziemlich strammer Bursche!“

„Nur wo verstecken wir ihn und stellen ihn ruhig bei den Kontrollen, damit er nicht gefunden wird?“ fragte eine der Frauen ratlos.

* * *

Ein paar Tage später kehrten die Frauen von der harten Arbeit in die Baracke zurück. Erneut waren etliche Frauen halbtot zusammengebrochen und weggebracht worden. Keiner sprach es aus, aber jeder wusste, wo diese armen Geschöpfe hingebracht wurden und was mit ihnen geschah.

„Samuel ist weg!“ rief Esther entsetzt und fing an zu weinen. „Sie haben ihn gefunden und mit Sicherheit schon umgebracht für Experimente oder so etwas…“

Keiner vermochte es, Esther zu trösten, im Gegenteil, die meisten der Frauen und Mädchen brachen mit in Tränen aus, so auch Sara und ihre Mutter.

* * *

„Herr Kommandant, ich habe eben ein Telefonat erhalten! Morgen kommen 2000 Neuzugänge an.“

„2000? Soviel Platz haben wir nicht…“

„Herr Kommandant, darf ich mich äußern?“

„In Ordnung Schneider!“

„Nun ja, lassen Sie uns doch Platz schaffen. Ich meine eine Deportation zwecks Vernichtung dieser Plage ließe sich doch schnell erledigen denke ich!“

„Keine schlechte Idee Schneider! Organisieren Sie einen Abtransport für morgen früh. Alle Frauen und Mädchen aus den Baracken 5, 6 und 9 sollen weggebracht werden.“

„Geht in Ordnung Herr Kommandant.“

„Und Baumgartner, Sie helfen Schneider dabei!“ sprach der Kommandant den Mann neben Schneider an.

„Herr Kommandant, dass organisiere ich alleine, wenn es Recht ist. Ich habe Kontakte.“ sprach Schneider.

„Gut Schneider. Aber wenn es nicht klappt wie gewünscht, dann tragen sie die volle Verantwortung! Und jetzt bitte ich Sie Beide zu gehen. Sieg Heil!“

„Sieg Heil Herr Kommandant!“ sprachen die Beiden Männer, bevor sie die Baracke verließen.

„Dein „Sieg Heil“ klang schon mal kräftiger Alex! Immer noch dein Bruder?“

„Ja Franz. Immer noch keine Neuigkeiten von der Ostfront. Danke, dass du mich da aus dem Auftrag rausgehalten hast. Nun ja, kommt mir sehr gelegen.“

„Aha. Du willst wohl heute ne süße Maus zum Tanzen ausführen!“ kicherte Franz.

„So in der Art…“

„Na dann, viel Spaß und halt dich ran Alex. Bringt dich sicher auf andere Gedanken.“

„Ja, ich denke auch.“

„Also wir sehen uns dann morgen.“

„Ja, so wird’s sein. Aber erwarte nicht, dass ich dir alle Details nennen werde Franz.“

„Musste auch nicht! Servus!“

„Bis dann!“

* * *

Gerade war die Sonne hinter dem Horizont erschienen und kündigte den beginnenden Morgen an.

Eine trügerische Stille lag in der Luft… die auf einmal von hastigen Schritten auf der Holztreppe unterbrochen wurde.

Ein erschöpfter Wachposten stürmt ohne anzuklopfen in die Baracke und rang nachdem er wieder etwas zu Atem gekommen war, nach Luft.

„Heil Hitler Herr Kommandant… wir haben ein Problem… ich weiß nicht wie ich es sagen soll…“

„Spucken Sie´s aus!“

„Jawohl Herr Kommandant… es ist so wir haben Totalverluste in den Baracken 5,6 und 9!“

„Totalverluste?“

„Ja! Die Juden dort sind alle tot… alle… ohne Ausnahme…“

„Und wie?“

„Keine Ahnung…“

„Und wirklich alle?“

„Ja, alle… 2356 um genau zu sein.“

„Rufen Sie sofort meine Offiziere zusammen… und ich meine SOFORT!“

„Jawohl Herr Kommandant!“

Mit diesen Worten verlies der Wachposten beinahe so fluchtartig die Baracke wie er eingetreten war.

* * *

Kurze Zeit später waren die Offiziere versammelt.

„Meine Herren“ sprach der Kommandant „wir haben ein Problem… wir haben hier 2356 Leichen und wir würden Wochen benötigen um alle zu verbrennen oder zu vergraben… ich erwarte Vorschläge!“

„Heute sollte doch eine Deportation stattfinden. Dann verschicken wir statt der lebendigen Juden eben die Leichen.“
„Die Idee ist nicht schlecht Kraus! Aber sie hat einen Haken… es gab gestern vermehrt Bomberangriff auf die naheliegenden Gebiete, die Infrastruktur ist stark zerstört, das Schienennetz hat Volltreffer bekommen… wir kriegen auch heute nicht wie geplant Neuzugänge…“

„Telefonieren Sie einfach nach Berlin und fragen Sie nach, was zu tun ist Herr Kommandant!“

„Nach Berlin gehen keinerlei Anrufe durch im Moment… verdammte Amis….“

„Herr Kommandant, gehen wir davon aus, dass es vielleicht eine Krankheit ist… vielleicht ist sie ansteckend… mit Sicherheit ist sie das sogar…“

„Baumgartner, daran dachte ich auch schon. Deshalb möchte ich ja die Leichen weg haben, bevor wir hier noch alle draufgehen!“

„Aber bisher sind nur Juden erkrankt… und kein Arier! Vielleicht ist es eine rein jüdische Krankheit!“

„Schuster, ich möchte nicht riskieren, dass dem nicht so ist!“

„Ich hätte einen Einfall!“

„Baumgartner, ok, ich höre!“

„Nun ja, ganz hier in der Nähe, da ist ein stillgelegter Stollen, der niemandem mehr nützt… man könnte die Leichen dort hinschaffen und anschließend den Stollen verschließen. Ich meine, wenn wir 3-4 Lastenfahrzeuge abstellen könnten, dann wäre das innerhalb eines Tages erledigt.“

Der Kommandant erhob sich von seinem Schreibtisch.

„Hat jemand eine bessere Idee?“

Die anderen Offiziere schüttelten die Köpfe.

„Gut, wir machen es so, wie Baumgartner gesagt hat. Baumgartner, sie sind für die Operation verantwortlich. Sagen sie mir einfach, was sie brauchen!“

„Etwa 20 Wachposten und 200 Gefangene. Ich denke, die Gefangenen sollten die Leichen in den Stollen tragen. Und die Wachleute sollten ihre Atemwege schützen wegen möglicher Infektionsgefahr.“

„In Ordnung, in etwa 2 Stunden wird alles bereit sein. Ich lasse sie dann rufen Baumgartner! Und jetzt meine Herren, bitte ich Sie wegzutreten! Heil unserem Führer!“

„Heil dem Führer!“ antworteten die Offiziere bevor sie die Kommando-Baracke verließen.

* * *

Die Idee mit dem Stollen wurde, wie es der Offizier Baumgartner vorhergesagt hatte, innerhalb von nicht einmal einem Tag durchgeführt und der Stollen versiegelt.

* * *

Sara schlug die Augen auf. Sie lag auf kaltem, staubigem Boden und um sie herum nahm sie einen Fackelschein wahr und als ihre Augen sich an die optischen Gegebenheiten gewöhnt hatten, da erkannte sie einen der Offiziere aus dem KZ, der sich über sie beugte.

Sara wollte schreien, aber jemand anders hielt ihr den Mund zu.

„Schrei nicht“ flüsterte der Offizier „dir passier nichts! Sieh!“

Und Sara schaute in die Richtung, wo der Offizier hinzeigte.

Dort an einer Wand stand Saras Mutter und lächelte sie an… zum ersten Mal seit Monaten. Sara richtete ihren Oberkörper auf und im Sitzen ließ sie ihren Blick durch die Umgebung schweifen.

Sie erkannte, dass die Umgebung eine Art Höhle war und in dieser befanden sich sämtliche Menschen mit denen sie gestern noch in der Baracke gewesen war.

Da war ja auch Esther… und ein Baby!

„Wo sind wir?“ sprach Sara verwirrt.

„In Sicherheit!“ sprach der Offizier. „wir führen euch hier raus und dann bringen euch ein paar Männer in die Besatzungszonen der Amerikaner!“

„Aber unsere Flucht wird auffallen und sie werden uns finden und erschießen!“ ängstigte es Sara.

„Nein, offiziell seit ihr tot. Dahingerafft von einer mysteriösen Seuche!“ besänftigte sie der Offizier.

Ein Mann trat an den Offizier heran und wurde vom selbigen angesprochen.

„Ach ja, gute Arbeit Kurti! Du bist genial. Was so ein heimliches Studium von Giften doch alles ermöglicht.“ lachte der Offizier los.

„Ohne dich und deine Überzeugungsarbeit bei eurem Kommandanten und deine Kenntnisse von geheimen Stolleneingängen wäre es auch nicht gegangen Alex.“

„Ich weiß…“ sprach der Offizier. Dann wandte er sich wieder an Sara. „Tut dir dein linker Arm weh Mädchen?“

„Nein.“ sprach Sara und erst dann begriff sie. Sie suchte nach ihrer Gefangennummer, die ihr unter Höllenqualen von einigen KZ-Arbeitern auf ihren linken Unterarm eintätowiert worden war, doch sie fand nur eine kleine Narbe.

„Tja, ist weg junges Kind…“ sprach der Offizier. „Schön, wenn man Kontakte zur Chirurgie hat, nicht!“ zwinkerte er Sara zu und sie lächelte.

Plötzlich sprach aus der tiefe der Höhle eine Stimme.

„Die Wagen sind bereit!“ sprach sie.
„Gut… so, ihr müsst jetzt gehen. Folgte diesen Leuten da! Und viel Glück! Lebt wohl!“ sprach der Offizier zu den Menschen in der Höhle.

„Wieso tun Sie das? Und setzen sich so einer Gefahr aus?“ sprach ein Mann mittleren Alters.

„Es gibt einfach Gründe…“ sprach der Offizier. „Und jetzt macht schon und geht!“

* * *

„Und so wurden wir dann gerettet!“ erklärte Hannahs Großmutter.

„Unglaublich!“ staunte Kristin.

„Mutter und ich sind dann über die Amerikaner nach Schweden gekommen und dort haben wir dann endlich meinen Vater und meine Schwester wieder gesehen. Nach dem Krieg sind wir dann wieder nach Deutschland gekommen und haben uns hier in der Gegend um München niedergelassen und dort lernte ich auch meinen inzwischen verstorbenen Mann kennen.“

„Und haben Sie noch Kontakt zu anderen Überlebenden aus den Baracken?“ fragte Inga.

„Ja, wir haben uns nach dem Ende des Krieges oft getroffen… so wie bei einer Art Klassen-treffen. Viele dieser Menschen wurden, auch wenn viele älter waren als ich und viele andere sich in alle Welt verstreuten, durch das gemeinsame Leid, enge Freunde. Und so hielt man doch Kontakt so sehr man konnte. Aber die meisten sind natürlich längst verstorben und nur noch wenigen leben heute noch. Aber zu denen habe ich noch Kontakt.“

Nina schaltete sich nun ein.

„Und das Baby war Samuel? Was ist aus ihm geworden?“

„Ja, das Baby war Samuel. Nun ja, auch Esthers Mann war, wie durch ein Wunder, unter den Geretteten. Die Familie emigrierte in die U.S.A. und dort wurde Samuel ein erfolgreicher Firmenanwalt. Nun ja, mittlerweile genießt er aber den wohlverdienten Ruhestand in Florida.“

„Und der Offizier?“ war Meg neugierig.

„Von dem hat niemand je wieder was gehört. Vielleicht ist er gefallen oder wurde hingerichtet. Keine Ahnung. Ich wünschte, ich wüsste was aus ihm geworden ist und das ich ihm wenigstens danken könnte. Und ihn fragen, warum er das auf sich genommen hat. Es waren knapp 2400 Menschen, die diese Leute gerettet haben. Zwar sind 6 Millionen Menschen in den KZs umgekommen, aber etwas Gutes zu tun ist besser und edler, als gar nichts zu tun.“

„Oma, ich hoffe, du hast Nachsicht mit uns, dass alle diese Erinnerung wieder hochgekommen sind.“

„Logisch Hannah. Weißt du, du hast ein recht darauf etwas über deine Familiengeschichte zu wissen. Und wenn ich dir und deinen Freundinnen damit bei dem Geschichtsprojekt für die Schulausstellung helfe und ihr damit auch nur einen Menschen davon abhaltet, rechten Kräften beizutreten, dann hat es sich schon mehr als gelohnt.“

„Mensch Mädchen, es ist ja schon 17.00 Uhr… ich hole mal etwas Kuchen bevor wir weiter machen.“ Sprache Hannahs Großmutter.

* * *

„Oh Mann.“ seufzte Nina als die Mädels von Hannah begleitet zum Auto gingen. „Deine Oma kann echt gut Kuchen backen. 3 Stücke habe ich verputzt… puh… ich fühl mich so voll.“

„Hey mir geht´s nicht anders. Also wenn das meine Oma wäre, dann würde ich wohl 200 Kilo wiegen.“ scherzte Inga.

„Und ich wohl ´ne Tonne!“ feixte Krissy ergänzend.

„Nun ja, die Masse und Menge macht es.“ meinte Meg dazu.

„Genau.“ bestätigte nun Hannah. „Ich bin ja eher seltener bei meiner Oma. Außer an Festtagen. Zudem Laufe ich ja gerne. Da bleibt nichts an Speck kleben. Da darf man bei Gelegenheit auch ruhig mal richtig reinhauen.“

„Du sagst es Hannah.“ ließ Inga wissen.

Mittlerweile waren die 6 Damen bei Krissys Auto angelangt.

„Hannah, soll ich dich mitnehmen und bei deinen Eltern absetzen? Oder bleibste noch bei deiner Oma? Alessandra wollte nämlich noch zu ihrem Freund und der wohnt ja nur 5 Minuten von hier. Die Strecke wollte sie zu Fuss gehen.“

„Oma ist sehr erschöpft jetzt und möchte ihre Ruhe haben. Von daher nehme ich deine Einladung gerne an. Sonst müsste ich auf den Bus warten und das würde dauern. Das Auto haben meine Eltern ja heute zum Einkaufen benötigt. Danke Krissy.“

„Keine Ursache Hannah.“

Und so stiegen die 5 jungen Damen in Krissys Golf ein und fuhren mit reichlich Informationsmaterial über das Geschichts-Projekt von dannen, während Alessandra ihnen nach winkte bevor sie sich auf den Fußweg zu ihrem Freund machte.

Mit Hilfe dieser Informationen wurde das Projekt ein voller positiver Erfolg und brachte jeden der Mädels 15 Punkte für den Geschichte-LK ein.

Ein Jahr später machten die 5 Freundinnen ihr Abi mit Bravour. Aber das ist eine andere Geschichte.

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