Jennifer hatte ihre Sonnenbrille vergessen und kniff ihre Augen zusammen. Es war später Nachmittag und die tiefstehende Sonne blendete mehr als es Jennifer Recht gewesen wäre. Aber wenn sie nicht völlig falsch lag, dann befand sie sich ohnehin schon in der richtigen Straße und müsste nur noch das richtige Haus mit der richtigen Adresse finden. Jennifer machte die Sonnenblende etwas herunter und verlangsamte das Tempo ihres Wagens, dann schaute sie abwechselnd links und rechts. Sie befand sich jetzt auf Höhe von Hausnummer 1 bzw. Hausnummer 28. Es war also nicht mehr weit, nur ein paar Häuser lagen zwischen ihr und ihrem Ziel.
Und die waren allesamt ziemlich imposant. Jennifer hatte ja gewusst, dass in diesem Stadtviertel vor allem die gut verdienende Bevölkerung ihre Häuser gebaut hatte. Sie war dann aber doch überrascht, wie gut zumindest manche der Hauseigentümer in dieser Gegend verdienen mussten. Sie selbst war bestimmt nicht ganz schlecht bezahlt, aber trotzdem überglücklich gewesen, als sie sich vor einem Jahr die – zugegebenermaßen recht große – Wohnung am Stadtrand hatte leisten können. Aber das hier, das war ein ganz anderes Kaliber. Die meisten der Gebäude konnte man durchaus als Villen bezeichnen.
Jennifer konnte nur ahnen, was das über ihre potentielle Auftraggeberin aussagte. Aber wenn man sich hier ein Haus leisten konnte, dann verdiente man in ihrer Branche bestimmt nicht schlecht…
Als Jennifer die erste Email bekommen hatte, wollte sie zuerst nicht darauf antworten. Es war ja auch ein wirklich seltsames Angebot gewesen, selbst in Anbetracht der Tatsache, dass Jennifer seit ein paar Monaten auch erotische Aufnahmen machte. Allerdings ging das hier ein Stück weiter. Erstens waren es nicht nur Fotos, wegen der Jennifer hier war. Und zum anderen ging dieser neue Auftrag auch noch in eine etwas andere Richtung als Jennifer es sich früher jemals vorgestellt hatte. Aber: zum einen hatte sie die Beschreibung neugierig gemacht – sie konnte immer noch nicht glauben, dass es so etwas überhaupt geben sollte, und noch weniger, dass sie aller Voraussicht nach sogar selbst etwas derartiges tun würde – und zum anderen war die Bezahlung wirlich extrem gut. Das hieß, wenn Jennifer einverstanden war. Sie brauchte nur noch ja zu sagen (bzw. ihre Unterschrift unter den vermutlich schon vorbereiteten Vertrag zu setzen), und schon könnte es losgehen.
Natürlich war es nicht ganz so einfach, aber als Jennifer auf ihre Nachfrage hin angeboten wurde, vor ihrem eigenen Videodreh einmal einen solchen Shooting beizuwohnen, damit sie sich selbst ein Bild machen konnte und sich die Sache überlegen, da hatte Jennifer zugesagt. Ausser einem Samstagabend hatte sie nicht viel zu verlieren. Wenn ihr nicht gefiel, was sie sehen würde, dann konnte sie jederzeit gehen.
Wenn Jennifer ganz ehrlich war, dann kam das für sie aber eigentlich nicht in Frage. Wie gesagt, zum einen war es ein schöner Batzen Geld, der ihr angeboten worden war. Zum anderen war die ganze Sache so irrwitzig, zumindest sehen wollte sie es einmal. Unbedingt. Vielleicht würde sie es erst dann wirklich glauben. Die Bilder, die sie bisher gesehen hatte, hatten jedenfalls allesamt sehr echt ausgesehen. Ungewöhnlich, aber echt. Und auf eine seltsame, teilweise befremdliche Art und Weise doch zugleich unglaublich erotisch.
Als Jennifer das Haus fand, staunte sie nicht schlecht. Sie hatte mit ihrer Vermutung nicht falsch gelegen, es war mindestens ebenso teuer gewesen wie die restlichen Gebäude, die die Straße beidseitig flankierten. Das Tor stand offenbar in Erwartung ihres Besuches weit offen und nach kurzem Zögern bog Jennifer in die lange gepflasterte Auffahrt ein. An deren Ende entdeckte sie einen kleinen Parkplatz, etwas abseits der Villa, auf dem bereits drei andere Fahrzeuge standen. Jennifer war ein wenig erleichtert, dass nur eines davon ein deutliches teureres Modell war als derjenige Wagen, den sie selbst fuhr. Die anderen beiden lagen ebenfalls in ihrer Preisklasse und Jennifer konnte hatte so eine Ahnung, wem die gehörten. Denn wie gesagt: heute würde sie erstmal nur zusehen.
Jennifer stieg aus und schloß den Wagen ab. Dann ging sie zurück zur Vorderseite der Villa und stieg die vier steinernen Stufen hinauf.
Jennifer überprüfte noch einmal die Hausnummer, dann läutete sie die Türklingel.
* * *
"Weißt du, Jennifer, es ist nicht so leicht wie du dir das vielleicht vorstellst." holte Anja, ihre Agentin aus. "Ich habe wirklich versucht, ihn von dir zu überzeugen, aber er meinte, du würdest einfach nicht in das Firmenkonzept passen."
"Und deswegen schickst du sie?" fragte Jennifer entrüstet, wobei sie das letzte Wort gedehnt aussprach und auf das vor ihr liegende Bild von Beata deutete. "Die ist keinen Deut besser als ich." fügte sie trotzig hinzu.
"Mag sein, mag sein – aber mir sind da wirklich die Hände gebunden." Anja griff nach ihrer Tasse und trank einen Schluck Kaffee. "Der Kunde ist König, Jennifer. Und das weißt du."
"Ja ja, ich weiß… aber Beata… ehrlich, ich finde das extrem unfair." Jennifer seufzte. Beata war nicht länger als fünf Wochen dabei, und trotzdem sollte sie jetzt diesen lukrativen Auftrag bekommen. Das war einfach nicht richtig, fand jedenfalls Jennifer. Obwohl sie wusste, dass Anja natürlich Recht hatte, aber es war jetzt das dritte Mal, und das in so kurzer Zeit.
"Du darfst nicht vergessen, du wirst jetzt bald 30 – und Beata mit ihren 19 Jahren ist einfach 11 Jahre jünger als du." meinte Anja.
"Zehn. Zehn Jahre." stellte Jennifer klar.
"Also gut, dann zehn. Aber zehn Jahre sind verdammt viel in diesem Geschaft. Das weißt du. Und, sei mir bitte nicht böse, du weißt auch, dass du… dass du von Anfang an nicht wirklich auf den Auftrag gepasst hast."
"Weil ich zu dick bin." knurrte Jennifer.
Anja hielt abwehrend die Hände hoch. "Nein, nein… nicht zu dick. Nur… kräftig. Kräftiger als Beata."
"Kräftig also." meinte Jennifer. "Weißt du eigentlich, wie sehr ich auf mich achte? Wie streng ich Diät halte?"
"Ich weiß es." sagte Anja.
"Wie viel ich trainiere?"
"Ja. Trotzdem… Beata ist hierfür einfach besser geeignet. Und wie gesagt, ich kann nichts dafür – der Kunde hat nach ihr gefragt…" beharrte Anja auf ihrem Standpunkt.
"Ja ja, schon klar… nachdem er zuerst mich wollte." Jennifer seufzte. "Gibt es sonst irgendwas Neues?"
Anja schüttelte den Kopf. "Leider nein. In letzter Zeit kommen insgesamt wenig Aufträge rein."
"Hmm." machte Jennifer.
"Und weißt du…" meinte Anja, "vielleicht… vielleicht wäre es wirklich besser, wenn du diese andere Sache nicht machen würdest. Das könnte helfen."
"Es könnte helfen. Ob es wirklich was bringt, weißt du selbst nicht."
"Nun sieh mal, Jennifer. Unsere Agentur hat schon immer für hochqualitative Arbeit gestanden. Und wenn du jetzt plötzlich sowas machst… also ein paar unserer größeren Kunden haben das bestimmt mitbekommen."
"Ach? Und wie denn?" meinte Jennifer trotzig. "Ja wohl nur, weil du ihnen davon erzählt hast. Und überhaupt, selbst wenn sie es wissen: das ist doch noch lange kein Grund, dass ich keine normalen Bilder mehr machen kann."
"Leider doch…" antwortete Anja. "Überleg’ doch mal, was sollen die deiner Meinung nach tun? Weitermachen wie bisher und dann eine ganze Werbekampagne über den Haufen werfen, nur weil irgendwo diese Bilder von dir auftauchen?" Dabei deutete sie auf die Mappe, die Jennifer in der Hand hielt und in der sich die neuesten ihrer eigenen Fotographien befanden. "Weißt du, was das für einen Eindruck macht? Das können wir uns nicht leisten. Wir haben einen gewissen Ruf, genauso wie unsere Kunden. Da geht es nunmal nicht, dass du für… was weiß ich, ein Kinderbuch wirbst und dann solche Bilder machst."
"Übertreib’ nicht so." verlangte Jennifer. "Das sind nichts weiter als ein paar – ein paar! – erotische, künstlerische Aufnahmen."
"Trotzdem. Jennifer, es gibt solche Models und solche." Anja deutete zuerst auf Beatas Mappe, dann auf die, die Jennifer in Händen hielt. "Du musst selbst am besten wissen, in welche Kategorie du fallen möchtest."
"Und das sagst du mir jetzt als meine Agentin oder als meine Freundin?" fragte Jennifer, teils wütend, teils enttäuscht.
"Als deine Freundin und Agentin." antwortete Anja. "Ich will dir ja helfen, Jennifer."
"Dann besorg mir einen neuen Auftrag." meinte Jennifer knapp, dann stand sie auf und wollte gehen. "Gibt es sonst noch was?"
"Nein." Anja schüttelte den Kopf. "Auf Wiedersehen."
"Wiedersehen." verabschiedete sich Jennifer.
* * *
Jennifer war immer noch fasziniert von der stilvollen Einrichtung der Villa. Alles war in sehr hellen Farben gehalten, Möbel sowie die Böden und Wände selbst, und alles wirkte gleichermaßen teuer und edel und dennoch nicht zu übertrieben. Ein paar moderne Gemälde zierten die Wände und wirkten auf den ersten Blick ein klein wenig deplatziert, passten aber trotzdem in das Gesamtbild des Raumes, den Jennifer und Ellie nun durchschritten. Beide hatten sich vor nicht einmal fünf Minuten zum ersten Mal gesehen, schnell bekannt gemacht und gleich ein ganz klein wenig Smalltalk betrieben. Dabei hatte Jennifer durchaus den Eindruck gehabt, dass Ellie das vor allem ihretwegen getan hatte. Ellie war schon viel länger in dieser Branche tätig und wusste daher bestimmt, wie Jennifer sich fühlte. Beziehungsweise, sie hätte es wohl auch dann gewusst, wenn Jennifer es ihr nicht gesagt hätte. Auch wenn sie heute nur Gast war, so zeigte es doch, dass Jennifer wenigstens Interesse an diesem Auftrag hatte. Und dementsprechend war sie auch heute schon ein wenig nervös. Es war eben alles noch sehr neu für Jennifer.
"Komm’ mit, ich bringe dich zum Set und mache dich mit meinem Team bekannt." hatte Ellie gesagt und war voran gegangen, bis sie jetzt an eben jenem Set ankamen.
Das Set war im Grunde nichts anderes als ein weiteres Zimmer, nur dass dieses Zimmer sich von den übrigen Zimmern, die Jennifer gesehehen hatte, deutlich unterschied. Hier erweckte nichts den Eindruck, dass es wirklich teuer war, mal abgesehen von der technischen Ausstattung, die in etwa ein Drittel des Zimmers belegte und aus einem Computer, zwei – nein, drei – Kameras sowie ziemlich viel Beleuchtung bestant. Die anderen beiden Drittel des Zimmers waren offenbar das eigentliche Set, die Bühne, die ihrerseits wieder in etwa zwei gleich große Bereiche unterteilt war. Der linke Bereich war so möbliert worden, dass er eine Küche darstellte, es gab einen Ofen, einen Kühlschrank, in der Mitte stand auch ein Esstisch sowie zwei Stühle. Ausserdem gab es natürlich eine Anrichte, auf der sich diverse Küchengeräte befanden sowie zwei Schränke, die nicht nur als räumliche Trennung fungierten, sondern in denen sich Besteck, Geschirr, Lebensmittel und noch weitere Küchengeräte befanden. Der rechte Bereich wirkte ein wenig unaufgeräumt, stellte aber im großen und ganzen ein Schlafzimmer dar. Zumindest vermutete Jennifer das, weil sich inmitten des "Raumes" ein großes Bett befand. Allerdings standen noch jede Menge anderer Dinge in dem Raum, Möbel, irgendwelche Utensilien, die man wohl zum Filmemachen brauchte, heute aber nicht zum Einsatz kamen. Ausserdem lagen eine Menge Kleidungsstücke aller Art kreuz und quer verteilt auf dem Bett und dem Boden dieses Drittels. Jennifer vermutete – richtig, wie Ellie ihr irgendwann später erklären würde -, dass je nach Skript entweder der eine oder der andere Bühnenteil verwendet wurde und der jeweils andere dann eben solange als "Gerümpelkammer" herhalten musste.
"Und das ist mein Team." verkündete Ellie stolz, als sie am Set angekommen waren.
Das Team bestand abgesehen von Ellie aus drei weiteren Mitgliedern. Die erste davon war Susanna und Ellies Sekräterin oder auch: Mädchen für alles, wie sie sich selbst bezeichnete. Sie war etwas kleiner als Jennifer, hatte schulterlanges braunes Haar und ein bisschen dick – und sah damit völlig anders aus als die restlichen Teammitglieder. Julia und Corinna waren offensichtlich die beiden Darstellerinnen, und beide waren wirklich ziemlich hübsch, wie Jennifer fand. Beide mussten ungefähr in ihrem Alter sein, vielleicht ein, zwei Jahre jünger oder älter. Ansonsten war Julia nur wenige Zentimeter kleiner als Jennifer, hatte bis über die Schultern herabhängendes, glattes schwarzes Haar; Corinna hingegen war genauso groß wie Jennifer und hatte wie Jennifer ebenfalls blondes Haar, das Corinna aber deutlich kürzer und nicht so voll trug wie Jennifer. Ansonsten waren beide relativ schlank, besaßen aber genug Kurven, um nicht mehr als Hungerhaken durchgehen zu können. Das zu beurteilen war sehr leicht, denn beide waren im Moment lediglich mit Höschen und BH bekleidet. Das also war Ellies Team.
Ellie selbst war ebenfalls ein paar Zentimeter kleiner als Jennifer, hatte schulterlanges, blondes Haar und hatte in etwa die Figur, wie man sie von jemandem aus ihrer Branche erwarten würde. Große Brüste und ein recht üppiger Hintern, zumindest in Relation zu ihrem sonstigen Körper, der zwar nicht ganz schlank, aber eben auch nicht dick war. Davon abgeshen konnte man auch Ellie nur schwerlich absprechen, dass sie hübsch war. Die Stupsnase und ihr Schmollmund trugen hierzu nicht unwesentlich bei.
Nachdem Jennifer sich mit allen übrigen mit Ausnahme von Ellie, die sie ja vorhin schon kennen gelernt hatte, bekannt gemacht hatte, bat Ellie Susanna, mit Jennifer bei den Kameras zu warten und ging dann selbst mit Julia und Corinna in die Küche, beziehungsweise zu der Bühne, die man als Küche gestaltet hatte. Offenbar wollte sie mit Julia und Corinna letzte Details besprechen, ehe die Arbeit beginnen sollte.
"Darf ich dir etwas zu trinken holen? Kaffee? Tee? Wasser? Etwas anderes?" fragte Susanna und kam damit wohl ihren Pflichten als Mädchen für alles nach.
"Eine Tasse Kaffee wäre schön." meinte Jennifer lächelnd.
"Kaffee also. Ich hole rasch welchen, bin gleich wieder da."
Susanna entfernte sich und Jennifer blickte gespannt auf das Set, wo es wohl in wenigen Minuten losgehen würde.
* * *
Kein neuer Auftrag aus der Agentur, dafür nun schon zum zweiten Mal ein sicher geglaubter weg. Und in den übrigen Emails befand sich mal wieder nur Schrott. Zumindest letzteres war meistens so. Wirklich viele Aufträge bekam Jennifer auch über ihre eigene, erst vor kurzem gegründete Firma nicht. Noch nicht, wie sie sich selbst sagte. Ab und an war etwas interessantes dabei, oft lohnte es sich aber wegen der Bezahlung nicht oder es gab von Haus aus keine Anfragen. So wie heute. Aber das war kein großes Problem, immerhin verkauften sich die Bilder, die Jennifer ansonsten von sich machte bzw. machen ließ, sehr gut. Alles, was darüber hinaus reinkam, war ein willkommener Bonus.
Jennifer wollte gerade ihr Email-Programm beenden, als der typische Sound ertönte, der auf den Eingang einer neuen Email hinwies. Dem Betreff nach eine Jobanfrage. Das war schon mal nicht schlecht. Jennifer öffnete die Email, nachdem sie sich davon überzeugt hatte, dass ihr Virenscanner nicht Alarm schlug, und machte sich daran, den Inhalt zu lesen.
Als sie damit fertig war, saß Jennifer eine Minute lang schweigend da. Dann las sie die Email ein zweites Mal, nur um sicher zu gehen, dass das kein Scherz war.
Offenbar war es keiner. Jedenfalls konnte Jennifer keinerlei Hinweise dafür entdecken, dass sich hier jemand einen Jux mit ihr erlaubte. Im Gegenteil, sogar der in der Signatur angegebene Link funktionierte und führte auf die Homepage des Email-Absenders. Der E-Mail-Absenderin, um ganz genau zu sein, einer gewissen Ellie van der Heijden. Jennifer warf einen etwas ausführlicheren Blick auf die Seite, las, was es dort zu lesen gab und schaute sich ein paar Bilder an, die dort eingestellt worden waren. Einige davon waren wirklich gut, hervorragend fotographiert und künstlerisch auf einem Niveau, das Jennifer bislang nicht erreicht hatte. Dann gab es auch Sachen, die deutlich… freizügiger waren als das, was Jennifer bisher gemacht hatte. Auch deutlich freizügiger als das, was Jennifer jemals machen würde. Allerdings: es gab nirgends Bilder zu sehen, die das zeigten, worin die Anfrage aus der Email bestand. Also wohl doch ein Scherz.
Normalerweise hätte Jennifer die Email einfach gelöscht. Aus irgendeinem Grund nahm sie sich aber die Zeit, darauf zu antworten. Wobei sie es sich jedoch nicht nehmen ließ, in ironischer Art und Weise zu erwidern, warum sie für so eine Sache wohl nicht die richtige war.
"Witzig sein kann ich auch." dachte Jennifer.
* * *
"Die beiden haben das schon oft gemacht." informierte Susanna Jennifer. "Sie haben also ein bisschen Übung darin… nur damit du nicht zu überrascht oder gar schockiert bist.
"In Ordnung." antwortete Jennifer, die immer noch nicht glauben konnte, wie sich das Set in den letzten zwei Minuten verändert hatte. Dabei war die Veränderung gar nicht so groß gewesen, es waren nur ein paar Dinge dazu gekommen – die jetzt allesamt auf dem Tisch lagen, an dem Julia und Corinna nun saßen und auf Ellies Signal warteten, dass es los ging.
"Ist irgendwas?" fragte Susanna, der Jennifers Blick auf das Set natürlich nicht verborgen geblieben war.
"Nein, nicht wirklich… es ist nur… ich habe nicht gedacht, dass es so viel sein würde." gestand Jennifer ehrlich.
"Ja, ich weiß was du meinst. Ich finde es auch jedes Mal wieder erstaunlich." stimmte Susanna ihr zu.
"Nur erstaunlich?" fragte Jennifer und zog eine Augenbraue hoch. "Ich finde das ehrlich gesagt ziemlich unglaublich."
Susanna winkte ab. "Na dann mach’ dich mal gefasst auf das, was jetzt gleich kommt. Mal sehen ob du es dann immer noch so unglaublich findest."
Kaum dass sie das gesagt hatte, kam Ellie zu den beiden herüber.
"Sind die Kameras bereit?" fragte sie ihre Assistentin.
"Ja. Und die Beleuchtung auch." antwortete Susanna.
"Also gut, dann können wir ja anfangen." meinte Ellie und gab Julia und Corinna ein Zeichen, dass es los ging.
Julia und Corinna machten sich daran, den Inhalt der beiden Tüten, die sich vor ihnen auf dem Tisch befanden, auszupacken. Dabei lachten und scherzten sie, während sie nacheinander – Jennifer zählte sie – insgesamt 16 Hamburger, Cheeseburger und dergleichen vor sich legten, bis jede von ihnen schließlich acht dieser fetttriefenden Kalorienbomben auf ihrem Teller hatte. Doch damit nicht genug, es folgten noch für jedes der Mädels je eine große Portion Pommes Frites und schließlich noch eine Packung Chicken Nuggets. Alles in allem war das genug, um jedem normalen Menschen schon beim Anblick den Magen umzudrehen. Jennifer mochte sich gar nicht vorstellen, wieviele Kalorien das waren und wie lange sie dafür joggen und Aerobic machen müsste…
Ein Gedanke, der weder Julia noch Corinna in den Sinn zu kommen schien. Ganz im Gegenteil machten sich die beiden über den vor ihnen aufgetürmten Berg aus Fast Food her. Jede griff nach einem der Burger, wickelte ihn aus der Folie und begann dann zu essen. Ziemlich schnell, wie Jennifer auffiel, und so dauerte es kaum zwei Minuten, ehe die beiden bereits nach dem nächsten griffen.
"Am Anfang müssen sie schnell essen, weil es später schwieriger wird." flüsterte Susanna Jennifer zu. "Ausserdem schneiden wir die Videos immer auf eine bestimmte Länge, und je genauer wir schon beim filmen sind, desto weniger Arbeit haben wir dann bei Schneiden."
Jennifer nickte nur und beobachtete weiter das Schauspiel, dass vor ihr stattfand.
Und ein Schauspiel war es in der Tat. Julia und Corinna – die sich bekleidungstechnisch nicht sonderlich zu vorhin verändert hatten, jede der beiden war zusätzlich in eine enge Jeans geschlüpft, trug aber nach wie vor nur einen BH und kein Oberteil – schaufelten das Essen mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit in sich hinein, sie waren mittlerweile beim dritten Burger angelangt. Ab und an spülten sie einen Schluck Cola nach, aber die meiste Zeit über kauten oder schluckten sie, während sie sich amüsiert darüber unterhielten, wie fett sie durch diese Völlerei werden würden. Während Jennifer alleine bei dem Gedanken daran ein gewissen Unbehagen fühlte, schien es den beiden überhaupt nichts ausmachen, derart ausgelassen darüber zu sprechen und es gleichzeitig auch noch in die Tat umzusetzen.
Nach einer Weile waren Julia und Corinna auch mit ihrem dritten Burger fertig und machten sich nun einen Spaß daraus, ihre Pommes Frites um die Wette zu essen. Zu fressen, musste man eigentlich sagen, denn beide nahmen immer wieder eine ganze Hand voll der salzigen Dinger aus den Verpackungen und stopften sie sich in den Mund, kauten so schnell sie konnten und schluckten dann, nur um es sogleich zu wiederholen, bis die Schachteln im Nullkommanichts leer waren. Unglaublich.
Nach den Pommes Frites griffen sowohl Julia als auch Corinna wieder zu den Burgern. Für jede von ihnen war es bereits der vierte, aber sie aßen weiter, als ob sie gerade erst begonnen hatten. Auf dem Monitor vor sich konnte Jennifer allerdings erkennen, dass sich allmählich die ersten Auswirkungen dieser… Orgie zeigten, denn Ellie hatte die Kamera gerade auf die Bäuche der beiden gerichtet. Ein kurzer Kontrollblick zum Set erlaubte es Jennifer festzustellen, dass sie im Moment Julias Bauch sah, der gefüllt mit drei Burgern und einer Portion Pommes Frites nun ein klein weniger runder als zu Beginn war und sich gegen ihre Jeans drückte. Die Kamera schwenkte hinüber zu Corinnas Bauch, und Jennifer bekam das gleiche Bild zu sehen, nur dass es seitenverkehrt war.
"Wow…" meinte Jennifer verblüfft.
"Das ist noch gar nichts." flüsterte Susanna. "Warte nur ab, das ist erst der Anfang."
Ellie war unterdessen mit der Kamera in der Hand in die Küche marschiert und machte einige Nahaufnahmen der beiden Mädels, die hier wie die Verrückten um die Wette futterten. Selbst wenn Jennifer das "Drehbuch" vorhin nicht gelesen hätte – eigentlich verdiente es diese Bezeichnung nicht, denn es bestand lediglich aus zwei Sätzen: Zwei Frauen sitzen in der Küche und essen um die Wette. Sie essen (es folgte eine Auflistung ihres "Menüs") bis sie fast platzen. – dann hätte sie der Handlung problemlos folgen können. Es nun aber zu sehen war einfach nur unglaublich. Und noch unglaublicher war es, wenn Jennifer sich vorstellte, dass es tatsächlich Leute gab, die dafür Geld zu zahlen bereit waren.
Ellie war wieder ein paar Schritte zurück gegangen und filmte nun wieder in Großaufnahme. Julia und Corinna begannen offensichtlich, sich ganz allmählich satt zu fühlen, was aber auch kein Wunder war, nachdem sie nun bereits die Hälfte dieses Riesenberges an Essen vertilgt hatten. Während Julia damit begann, ihre Nuggets zu essen, wickelte Corinna ihren fünften Burger aus. Und obwohl es beiden zusehends schwerer fiel, weiter zu essen, futterten sie immer noch mit einem beeindruckenden Tempo. Jennifer fragte sich wirklich, wie lange die Beiden das durchhalten würden.
* * *
Jennifer starrte immer noch ungläubig auf die Bilder, die sich im Anhang der Email befunden hatten. Das mussten Fälschungen sein. Oder vielleicht nicht direkt Fälschungen, aber auf jeden Fall waren die Bilder bearbeitet worden. Allerdings nicht so, wie man es üblicherweise tat. Normalerweise retuschierte man sämtliche kleinen Schönheitsfehler weg. Egal ob es sich um Fältchen, Röllchen oder sonstwas handelte. Aber diese Bilder hier waren anders. Es war fast so, als hätte der Fotograph absichtlich gerade diese kleinen Schönheitsfehler fotographiert und zudem besonders betont.
Oder die Frauen auf den Bildern waren schwanger. Das war gut möglich, und dann wären die Bilder, die Ellie als "Vorher"-Bilder bezeichnet hatte eben diejenigen gewesen, die man bearbeitet hatte. So oder so, was Jennifer hier sah war eigentlich nicht möglich. Das heisst, möglich war es vielleicht schon – es war nur einfach vollkommen verrückt.
Jennifer betrachtete die Bilder noch eine Weile und las die Email – zum dritten Mal – von Anfang bis Ende. Wenn das immer noch ein Scherz war, dann war er immerhin mit sehr viel Anstrengung gemacht worden. Das musste Jennifer zugeben. Wenn es kein Scherz war, dann war das Angebot… unverschämt. Immerhin, wer fragte einen schon, ob man sowas machen wollte?
Jennifer lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und blickte an die Decke. Andererseits, was sprach eigentlich dagegen? Die Bezahlung schien gut zu sein, und vielleicht wäre das ja tatsächlich etwas, womit sie wieder längerfristig was zu tun hätte. Ellie erweckte jedenfalls nicht den Eindruck, dass ihr nur an einem kurzfristigen Engagement gelegen war.
Jessica stand auf und ging in ihr Schlafzimmer, stellte sich vor ihren großen Spiegel und schlüpfte aus ihrem Pyjama. Sie stand nun nur noch mit einem Höschen bekleidet mitten im Zimmer und konnte sich selbst betrachten. Was sie sah, gefiel ihr eigentlich recht gut: mit ihren 29 Jahren war sie immer noch relativ schlank. Gut, ihr Hintern war in den letzten Monaten trotz Diät und Sport etwas breiter geworden. Aber das machte sie mit ihren vollen Brüsten wieder wett. Und mit ihrem langen, blonden Haar, das voll und lockig bis über ihre Schultern herab hing, konnte sie ohne weiteres immer noch den meisten Frauen in ihrem Alter das Wasser reichen.
Jennifer drehte sich ein wenig zur Seite und betrachtete sich im Profil. Ihr Bauch war flach und sie versuchte sich vorzustellen, wie sie wohl aussehen würde, wenn sie solche Bilder machen würde. Es gelang ihr nicht besonders gut, also sog sie tief Luft in ihren Bauch und streckte ihn soweit es ging heraus – was nicht besonders viel war, aber genug als dass sie ein kleines Buddhabäuchlein vortäuschen konnte. Dann atmete sie wieder aus, streichelte vorsichtig über ihren Bauch und wiederholte das Spielchen noch einmal.
Nun, warum eigentlich nicht?, dachte Jennifer und schlüpfte wieder in ihren Pyjama. Wirklich viel zu verlieren hatte sie ja eigentlich nicht. Trotzdem wollte sie erst einmal sehen, wie es sich in der nächsten Zeit in der Agentur entwickelte. Vielleicht ging es ja wieder bergauf.
Jennifer ging zurück an den Computer und schrieb eine Antwort an Ellie, in der sie sich noch etwas Bedenkzeit erbat.
Nur wenige Minuten später trudelte Ellies Antwort in Jennifers Email-Postfach ein.
* * *
Es wurde nun immer offensichtlicher, dass sowohl Julia als auch Corinna allmählich nicht mehr konnten. Julia hatte soeben das Letzte der Chicken Nuggets verdrückt und im Anschluss daran ihre Hose öffnen müssen, weil ihr Bauch sich mittlerweile deutlich zu einer Kugel formte. Jennifer hatte es auf dem Monitor in Großaufnahme sehen können, aber sie konnte sich jederzeit davon überzeugen, dass das kein Trick gewesen war. Dazu brauchte sie nur zu Julia hinüber blicken, die jetzt mit geöffneten Jeans am Tisch saß, mit der linken Hand ihren prallen Bauch streichelte, während sie in der rechten Hand schon wieder den nächsten Burger hielt. Und genüsslich davon abbiss. Corinna, die ihr immer noch gegenüber saß, war nun ihrerseits zu den Nuggets übergegangen. Ihre Jeans hatte sie noch nicht geöffnet, aber Jennifer ahnte, dass es jeden Moment so weit sein musste. Unnachgibig drückte Corinnas wachsender Magen gegen den Bund der Hose und es sah beinahe aus, als würde sie jeden Moment aus ihr raus platzen. Dass das nicht passierte lag nur daran, dass Corinna schließlich ein Einsehen hatte und den Knopf öffnete und sogleich den Reissverschluss nach unten zog, woraufhin Corinnas Bauch sich in die neu gewonnene Freiheit schob.
"Wahnsinn…" murmelte Jennifer, die auf eine seltsame Weise fasziniert von dem Schauspiel war.
"Wahnsinn, in der Tat." bestätigte Susanna mit einem Lächeln.
Julia und Corinna aßen noch eine Weile weiter, ehe beide jeweils nur noch zwei Burger vor sich liegen hatten. Beide waren nun pappsatt und Jennifer hatte den Eindruck, dass ihnen auch nicht mehr ganz wohl war. Jedenfalls Julia erweckte den Eindruck als müsse sie sich demnächst übergeben, während Corinna mit einem Schluckauf zu kämpfen hatte.
Ellie bemerkte beides und unterbrach für einen Moment die Aufnahme, um Julia und Corinna eine kurze Pause zu gönnen. Während die beiden in der nachgebauten Küche sitzen blieben und ihre vollen Mägen durch vorsichtige Bauchmassagen zu beruhigen versuchten, kam Ellie zu Susanna und Jennifer herüber.
"Und? Wie findest du’s bisher?" fragte sie Jennifer.
Jennifer wusste nicht, wie sie darauf am Besten antworten sollte. "Es ist mal was anderes."
"Hmm das stimmt." meinte Ellie. "Aber ich meinte eher, ob deine Neugier sich ausgezahlt hat."
"Wenn du wissen möchtest, ob ich Interesse habe, dann ja." gestand Jennifer, die nicht erst seit Beginn der Dreharbeiten darüber nachgedacht hatte, ob sie es wirklich tun wollte. Wie sie gerade gesagt hatte, es war mal etwas anderes – aber vielleicht war es genau das, was Jennifer daran faszinierte. "Aber ich kann nicht versprechen, dass ich mit den beiden mithalten kann." Dabei deutete sie auf Julia und Corinna, die immer noch mit sich selbst beschäftigt waren.
"Da mach’ dir mal keine Sorgen." antwortete Ellie. "Das sieht schlimmer aus als es ist. Und wenn es soweit ist, dann werde ich dir schon helfen." Dabei grinste sie diabolisch.
"Danke…" murmelte Jennifer.
"Also dann," sagte Ellie, "wollen wir mal sehen wie es unseren beiden Damen dort drüben geht."
Damit entfernte sie sich wieder und ließ Jennifer und Susanna zurück.
"Es gefällt dir, nicht wahr?" fragte Susanna.
"Ich glaube schon." gab Jennifer ehrlich zu. "Aber ich kann dir wirklich nicht sagen, warum."
"Das geht allen so. Ich mag es, weil man sich da endlich mal richtig satt essen kann."
"Du hast das auch schon probiert?" fragte Jennifer verblüfft.
"Selbstverständlich." antwortete Susanna. "Ellie übrigens auch."
Das hatte Jennifer bereits gewusst, als Ellie ihr vorhin die Tür geöffnet hatte. In dem Moment hatte sie nämlich genau eine der Damen erkannt, die auch auf den Bildern war, die sie mit der zweiten Email erhalten hatte.
"Ja, ich weiß." sagte Jennifer. "Darf ich fragen, wie ihr überhaupt darauf gekommen seid? Also sowas zu filmen?"
"Ich glaube, das soll dir Ellie am Besten irgendwann selbst erklären." fand Susanna.
"Wir machen weiter." rief dieselbe Jennifer und Susanna in diesem Moment zu. Susanna nickte und betätigte ein paar Tasten auf der Tastatur, bis das Videoaufnahmeprogramm wieder bereit war. Anschließend gab sie Ellie per ausgestrecktem Daumen zu verstehen, dass es weiter gehen konnte.
"Also dann, meine Damen." sagte Ellie zu Julia und Corinna. "Esst mal schön brav auf…"
* * *
Leider zeigte sich auch in den kommenden zwei Wochen nicht wirklich Besserung. Die Aufträge aus der Agentur blieben nach wie vor entweder aus oder die Bezahlung war einfach nicht angemessen. Jennifer war froh, dass sie nebenbei ihr eigenes Ding durchzog, denn damit hatte sie immerhin genug Geld, um die Schulden bei der Bank zu bezahlen und einigermaßen gut zu leben. Aber große Sprünge waren nicht drin. Dazu kam, dass Anja für morgen früh eine Besprechung angesetzt hatte. Jennifer hatte ein ungefähre Ahnung, worum es gehen würde, allerdings keine große Lust, sich mit Anja darüber zu unterhalten.
Vielleicht hätte sie schon vor zwei Wochen Nägel mit Köpfen machen sollen und Ellie antworten. Ellie hatte sich wirklich alle Mühe gegeben, Jennifer zu überzeugen. Und fast hatte sie es auch schon geschafft, ihr sogar angeboten, einmal den Dreharbeiten zu einem solchen Video beiwohnen zu können. Damit Jennifer sich überzeugen konnte, dass alles eigentlich ganz harmlos war. Trotzdem fiel es Jennifer nach wie vor schwer, sich völlig für diese neue Idee zu begeistern, weil das auch bedeutet hätte, ihre Karriere in eine anfänglich nicht geplante Bahn zu lenken.
Jennifer entschloss sich, das morgige Gespräch abzuwarten. Sollte Anja ihr das erklären, was sie befürchtete, dann würde sie Ellie antworten. Aber vielleicht war das ja nicht notwendig. Jennifer dachte über den Ausdruck nach. Notwendig wäre es wahrscheinlich auch so nicht, sie kam ja auch so über die Runden. Aber wenigstens konnte sie sich dann etwas Gutes tun und gleichzeitig Anja und der Agentur ein Schnippchen schlagen.
Jennifer blickte auf die Uhr. Es wurde allmählich Zeit, sich umzuziehen. In einer Stunde musste sie in der Disco sein. Nur, damit sie dann wieder vor gerade aus der Pubertät entlassenen Kerlen rumhopsen durfte… manchmal fragte sie sich, ob sie nicht doch lieber zu Ende studieren hätte sollen.
* * *
Julia und Corinna gaben alles. Beide stopften sich voll als gäbe es kein morgen, und doch kamen sie nur noch langsam voran. Längst waren beide völlig überfressen, ihre Mägen prall gefüllt mit jeder Menge ungesundem Fast Food, das bei beiden zu Schluckauf, Völlegefühl und gelegentlichen Blähungen geführt hatte. Beide hatten sich irgendwann aus ihren Jeans geschält und saßen nun nur noch mit Unterwäsche bekleidet am Tisch, wodurch ihre nach vorn gewölbten Bäuche besonders betont wurden. Und beide hingen sie mehr in den Stühlen als dass sie saßen, was aber wohl auch kein Wunder war wenn man bedachte, wieviel die beiden jungen Frauen in ihre Mägen hinein gezwängt hatten.
Jennifer kam kaum noch aus dem Staunen geraus und saß mit dem sprichwörtlich offenem Mund da, während sie Ellie dabei beobachtete, wie sie Julia und Corinna immer wieder dazu antrieb, auch die letzten Bissen irgendwie in sich hinein zu zwängen. Jennifer war sich nicht ganz sicher, ob Julia und Corinna mit Ellies Anweisungen wirklich geholfen war oder ob die beiden Ellie dafür hassten. In jedem Fall aber gaben sie nicht auf und futterten tapfer weiter, obwohl man beiden ohne jeden Zweifel ansah, dass sie am liebsten nie wieder auch nur einen Bissen Essen in ihren Mund geschoben hätten.
"Ellie bringt die Mädels immer dazu, sich selbst zu übertreffen." erklärte Susanna. "Und die beiden lassen sich auch immer dazu überreden. Ehrlich, ich glaube wenn Ellie ihnen jetzt noch mehr hinstellen würde, die zwei würden essen bis sie platzen."
Jennifer erschrak ein wenig bei dem Gedanken an das, was Susanna da gerade beschrieben hatte. "Geht das denn?"
"Was? Das man platzt?" fragte Susanna zurück. "Keine Ahnung. Ist bei uns jedenfalls noch nicht vorgekommen."
"Aha…" meinte Jennifer.
Das Schauspiel auf der Bühne neigte sich allmählich seinem Ende zu. Julia hatte gerade den letzten Bissen ihres achten Burgers in ihren Mund geschoben und kaute ihn, die Augen geschlossen, während sie mit beiden Händen ihren prallen Wanst massierte. Es sah wirklich aus als wäre Julia schwanger. Corinna hatte noch ein paar Bissen mehr vor sich und hatte mit einem wirklich üblen Schluckauf zu kämpfen. Jennifer glaubte kaum, dass Corinna das letzte Bisschen schaffen würde, und damit sollte sie Recht behalten. Etwa eine halbe Minute später legte Corinna die Reste ihres Burgers weg, obwohl es nur noch zwei Bissen gewesen wären. Aber für die war einfach kein Platz mehr in ihren aufgeblähten Bauch.
Julia nahm es kaum zur Kenntnis, deutete lediglich mit einem kurzen Lächeln an, dass sie sich über ihren Sieg freute. Die beiden waren nach dieser Fressorgie völlig geschafft und konnten sich kaum noch rühren, so dass sie einfach sitzen blieben und sich bemühten, alles unten zu behalten. Es fiel ihnen alles andere als leicht, aber sie schafften es.
Ellie hingegen flitzte umher und versuchte, von den beiden Frauen möglichst gute – das heisst unvorteilhafte – Aufnahmen zu erhaschen, die zeigten, wie fett und faul Julia und Corinna waren. Die beiden ließen Ellie ohne Widerrede gewähren – ganz so, wie es das Drehbuch verlangte.
Irgendwann hatte Ellie genug gutes Material beisammen und stoppte die Aufnahme. Susanna betätigte wieder ein paar Tasten und das Videoprogramm beendete ebenfalls die Verarbeitung.
"Jetzt nur noch die Arbeit sichern und wir sind fertig." erklärte Susanna.
"Wahnsinn…" stammelte Jennifer und warf Ellie, die gerade zu ihr und Susanne herüberkam, einen anerkennenden Blick zu. "So hätte ich mir das nie im Leben vorgestellt…"
Fantastisch, nicht wahr?" strahlte Ellie. "Das wird sicher ein Hit." Dabei schwenkte sie die Kamera in ihrer Hand hin und her. "Du musst wissen, wir verkaufen echt viele von diesen Videos. Zwar nicht soviele wie von den ganzen Standardsachen. Aber das hier macht viel mehr Spaß."
"Auch den beiden da drüben?" fragte Jennifer und deutete auf Julia und Corinna, die sich immer noch keinen Zentimeter weit bewegt hatten.
"Frag’ sie doch." empfahl Ellie. "Aber gib ihnen noch ein paar Minuten, ehe du das tust – die müssen jetzt erstmal verdauen…"
"Das glaube ich gerne." sagte Jennifer und blickte voll Anerkennung zu den beiden Frauen hinüber, die genau das taten, was Ellie gesagt hatte: verdauen.
Weil sie zu nichts anderem mehr in der Lage waren.
* * *
Jennifer schob die Schale mit den Hähnchenflügeln in den Backofen. Die würden eine Weile brauchen, ehe sie fertig waren. In der Zwischenzeit wollte Jennifer ihre Emails lesen. Und eine ganz bestimmte von vor ca. zwei Wochen würde sie heute beantworten, so wie sie es sich gestern vorgenommen hatte.
Während die Flügel vor sich hin erhitzten, startete Jennifer den Computer und wartete, bis er hochgefahren war. Dann öffnete sie ihr Emailprogramm. Keine neuen Nachrichten. Auch gut, konnte sie gleich zu den wichtigen Dingen übergehen. Sie suchte rasch Ellies Email raus und tippte ein paar Zeilen, dann schickte sie ihre Antwort ab.
Ungeduldig blieb Jennifer am Computer sitzen, doch sie musste tatsächlich nicht lange warten. Es dauerte nur etwa zehn Minuten, bis Ellies Antwort eintrudelte. Entweder war Ellie ein totaler Computerfreak, oder es war einfach Glück gewesen. Jedenfalls stand genau das in der Email, was Jennifer erwartet hatte.
Also dann, dachte Jennifer, lernen wir uns also morgen kennen.
Aber heute Abend wollte sie erstmal ausspannen, es sich gut gehen lassen und die letzte Woche vergessen. Ein bisschen fernsehen, ein bisschen was essen. Die Hähnchenflügel müssten jetzt bald fertig sein.
Jennifer überlegte kurz. Hatte sie nicht auch noch etwas Pizza übrig?