kinjiro – With Sugar on Top

Eiligen Schrittes lief ich die Treppen nach oben. Natürlich hätte ich auch den Aufzug nehmen können, aber ich mochte diese beengten Kabinen einfach nicht. Ich nahm die letzten drei Stufen auf einmal, dann öffnete ich die Tür und betrat den Flur, der zu den obersten Büroräumen führte. Wenn man es einmal bis hier oben geschafft hatte, dann gehörte man zur Creme de la Creme in unserer Firma. Jeff’s Büro lag am Ende des Ganges, dort musste ich hin. Mir selbst war erst vor kurzem wieder mal ein Büro direkt dem seinen gegenüber angeboten worden, doch ich hatte dankend abgelehnt. Mir gefiel mein altes Büro, in dem ich schon seit meinem ersten Tag in diesem Unternehmen meinen Schreibtisch hatte. Warum also sollte ich meinen Arbeitsplatz weiter nach oben verlagern? Ich wusste auch so was ich konnte. Das hatte ich in den letzten Monaten mehr als einmal bewiesen.

Seit unser Unternehmen vor knapp drei Jahren gegründet worden war, da hatten wir so ziemlich alles durchgemacht. Zu Beginn war es uns wirklich schwer gefallen, überhaupt Musiker unter Vertrag zu nehmen. Zu hoch waren die Gagen, und zu schlecht waren die Verkäufe gewesen. Vor exakt 18 Monaten hatten wir dann beinahe vor dem Aus gestanden, und mehrere Labels hatten bereits begonnen, einige unserer einigermaßen profitablen Künstler ab zuwerben. Gerade, als wir bildlich gesprochen schon auf dem Weg zum Insolvenzgericht gewesen waren, wurde mir ein Demotape zugespielt, nach dessen Hören ich sofort gewusst hatte, dass ich hier einen Hit in Händen hielt. Buchstäblich mit den letzten hundert Dollar, die uns verblieben waren, produzierten wir den Titel und Künstler. Was danach passierte, ist schnell erzählt. Der Song schlug ein wie eine Bombe und hielt sich Wochen – ach, was sage ich – monatelang in den Charts, und mit einem Mal war unser eben noch unbekanntes und schon fast wieder verschwundenes Label zu einem der gefragtesten überhaupt geworden. Plötzlich erhielten wir Anfragen aus aller Welt, und in den folgenden Monaten schafften wir es sogar, diesen ersten Erfolg noch zu toppen. Nicht ohne Stolz möchte ich dabei erwähnen, dass dies zu einem großen Teil auch an meiner Arbeit lag. Vier unserer letzten fünf Hits waren alleine durch mein Engagement und meinen Willen, auch einmal aussergewöhnliches zu probieren, zustande gekommen. Während die meisten meiner Kollegen sich auf den Massenmarkt konzentrierten, suchte ich ganz gezielt nach Künstlern, die auch andere Kaufinteressenten ansprachen. Das große Geld war nicht mit Mainstream zu machen, sondern man musste den Käufern etwas besonderes, etwas neues bieten. Und ich hatte Talent darin, genau solche Künstler zu finden. Mehr noch, viele unserer Werbestrategien hatte ich ganz alleine ausgearbeitet, speziell auf den jeweiligen Künstler zugeschnitten. Mittlerweile war ich bekannt für mein glückliches Händchen, und wann immer es in unserer Firma einen marketingtechnisch schwierig zu bewältigenden Fall zu erledigen galt, so wurde ich gerufen. Eigentlich war das mittlerweile sogar meine einzige Aufgabe.

So auch heute. Schon am Telefon hatte ich heraushören können, dass Jeff wohl vor einem für ihn unlösbaren Problem stand. Zwar war es nicht so, dass wir noch darauf angewiesen gewesen wären, neue Künstler zu produzieren. Aber es war nie verkehrt, wenn man für die Zukunft wirtschaftete, und so ließen wir uns nach Möglichkeit natürlich keinen potentiellen Hit entgehen. Ich hatte Jeff sofort meine Hilfe zugesagt und hatte mich in die Stadt und zu unserem Firmengebäude begeben. Jetzt stand ich vor Jeffs Büro, die Tür war nur angelehnt. Ich klopfte an und trat ein, ohne sein "Herein" abzuwarten.

Jeff saß in dem schwarzen Ledersessel hinter seinem Schreibtisch, ihm gegenüber saß Jackie Sparks, einer unserer erfolgreichsten unter Vertrag stehenden Musiker. Leider hatte Jackie die unschöne Angewohnheit, regelmäßig mit öffentlichen Drogen- und Alkoholexzessen für Aufsehen zu sorgen, und jedesmal musste Jeff ihn dann wieder zurechtweisen. Image war in diesem Business sehr wichtig, nein: Image war das einzige, das überhaupt zählte. Die Musik war eher Nebensache, denn gute Musik verkaufte sich auch so. Wenn man aber das große Geld machen wollte, dann musste man ganz bestimmte "Typen" vermarkten, Typen, die von den Käufern gemocht und bewundert wurden. Einen Großteil der Arbeit nahm uns dabei die Werbung ab, indem sie diese Typen durch Erfolg, Schönheit und ähnliches definierte. Man selbst musste also nur noch einen Musiker finden, der in das Profil passte. Wenn man einmal einen solchen hatte, dann lief das Geschäft von selbst. Jackie zum Beispiel hätte sogar auf Kochtöpfen herum klopfen können oder in der Dusche furzen, wir hätten dennoch hunderttausende CDs davon verkaufen können.

Ich war gerade in das Büro getreten, als Jeff das Gespräch mit Jackie beendete. Jeff hatte mich bereits erwartet und entließ Jackie aus seiner üblichen Predigt. Jackie ging an mir vorbei und ich klopfte ihm kurz auf die Schulter, dann wandte ich mich wieder Jeff zu.

"Larry, setz’ dich." begrüsste er mich, und ich kam seiner Aufforderung nach. "Möchtest du etwas trinken?" erkundigte er sich, und ich nickte. Jeff rief nach seiner Sekretärin und bat sie, uns zwei Mineralwasser zu holen. Nachdem sie das getan hatte, schickte er sie aus dem Büro und ließ sie die Tür hinter sich schließen.

"Also? Was gibt es?" fragte ich neugierig. Jeff war ein fähiger Produzent, so dass es schon etwas bedeutete, wenn er mich zu Hilfe holte. Jeff gab mir mit einem Handzeichen zu verstehen, dass ich schweigen sollte, dann betätigte er eine Knöpfe des Kontrollpultes vor seinem Computer. Offenbar wollte er mir eine eingesandte Demo vorspielen. Wenige Augenblicke später tönte Popmusik aus den Lautsprechern, die an den Wänden seines Büros angebracht waren. Ich schloss meine Augen, um den Song besser in mich aufnehmen zu können. Es handelte sich um einen Popsong, und mir fiel sofort auf, wie gut er abgemischt war. Das war sehr gute Arbeit, beinahe professionell. Die Melodie war eingängig, und das Mainriff des Songs lud sofort zum Mitsummen ein. Bis hierhin konnte ich dennoch nichts an dem Song finden, was mich wirklich vom Hocker riss. Das sollte sich einen Moment später ändern, denn dann setzte der Gesang ein. Eine Frauenstimme, weich und kräftig zugleich und absolut faszinierend. Und das beste war, dass die Stimme insgesamt ein wenig ungewöhnlich wirkte. Ich konnte nicht gleich sagen, ob es an der Mischung des Songs oder an der Stimme selbst lag, aber jetzt gab alles ein Ganzes – und mir war klar, was auch Jeff an dem Song finden musste. Ich hörte den Song zu Ende, dann öffnete ich meine Augen wieder. Jeff schaltete die Anlage ab.

"Und?" er blickte mich fragend an.

"Das ist fantastisch. Gut genug für eine Chartplatzierung." antwortete ich. "Aber das weißt du wohl selbst, und deswegen wirst du mich auch nicht geholt haben, richtig?" Jeff nickte. "Wo also liegt das Problem?" fragte ich weiter.

Zur Antwort schob Jeff mir eine dunkelfarbene Akte hin, die Karteikarte der Künstlerin. Wir forderten eine solche immer zusätzlich zur Demo mit an, damit wir uns ein besseres Bild von dem Künstler machen konnten. Auch wir konnten und wollten es uns nicht leisten, jeden potentiellen Kandidaten erst einmal persönlich einladen zu müssen. Nur wer beide Hürden nahm – also Demo und ordentliches Profil – hatte ein Chance, eingeladen zu werden. Ich nahm die Akte, schlug sie auf und las mir den Inhalt durch. Jenna Lagari, so hieß die Dame, deren Leben sich nun auf einer Seite Papier vor mir offenbaren sollte. Ich konnte jedoch nichts besonderes finden, vor allem nichts, dass Jeff daran hindern würde, den Song zu produzieren. Als ich dann umblätterte, stach mir das Bild der Künstlerin förmlich ins Auge. Und ich konnte sofort sehen, wo das Problem lag. Das Bild zeigte eine junge, ziemlich hübsche Frau mit fast schwarzem, langem Haar, grünen Augen und einem dicken Schmollmund. Soweit, so gut. Doch leider war ihr Schmollmund nicht das einzige an ihr, das dick war. Zwar wäre es übertrieben gewesen, die Dame auf dem Bild als wirklich dick zu bezeichnen, doch sie hatte eindeutig einige Pfunde mehr auf den Rippen, als man sich in diesem Business erlauben konnte. Die Zeiten, in denen Musiker nur gute Musik machen mussten, waren leider schon seit langem vorbei. Es war eine Unsitte, doch so waren nun mal die Regeln. Es würde sicher schwer werden, diese Dame zu vermarkten, egal wie begabt sie war. Derzeit waren Typen wie sie einfach nicht gefragt. Ich seufzte und reichte Jeff die Akte zurück.

"Du siehst also, wo das Problem liegt." meinte Jeff und ich nickte zur Bestätigung. "Wäre sie ein klein wenig schlanker, so könnten wir gar nicht anders als sie auf der Stelle unter Vertrag zu nehmen. Aber so ist es ein Risiko."

Jeff war seit den Problemen vor knapp anderthalb Jahren nur selten bereit gewesen, Risiken selbst zu tragen. Es lag also an mir, das zu übernehmen. Entweder müsste ich den Vertrag aushandeln – und damit bei einem Verlustgeschäft dafür gerade stehen – oder wir würden uns eine talentierte Musikerin durch die Hände gehen lassen müssen.

"Und wenn wir sie dazu bringen, abzunehmen?" erkundigte ich mich.

Jeff schüttelte den Kopf zur Verneinung. "Keine Chance. Ich habe schon mit ihr telefoniert. Sie ist weder bereit, sich zu verändern, noch möchte sie die Rechte an dem Song einfach so verkaufen."

Damit hatte Jeff die Frage, die ich als nächstes zu stellen beabsichtigt hatte, auch schon beantwortet. Ich überlegte. Es wäre wirklich eine Schande, wenn wir uns diese Chance entgehen ließen. Sicher, das Marketing würde schwer werden, aber in diesem Business gab es ohnehin keine leichte Arbeit.

"Was meinst du?" fragte Jeff.

"Kann ich den Song noch einmal hören?" bat ich um etwas Bedenkzeit, und Jeff spielte ihn mir ein zweites Mal vor. Dieses Mal gefiel er mir sogar noch ein wenig besser, so dass ich schließlich bereit war, das Risiko einzugehen.

"Ich denke, wir sollten es riskieren. Mach mir eine Kopie davon," sagte ich und deutete auf die Akte, "und ich kümmere mich drum. Und eine Kopie des Demotapes bräuchte ich auch."

"Alles schon vorbereitet." informierte mich Jeff, der wohl mit dieser Antwort gerechnet hatte. Er reichte mir das Verlangte. "Melde dich in einer Woche bei mir und sag mir, was du ausgearbeitet hast."

Ich nahm die Akte und das Demotape (eigentlich war es eine Demo-CD, doch aus irgendeinem Grund hielten wir an der alten Bezeichnung fest), verabschiedete mich von Jeff und machte mich auf den Heimweg. Eine Woche hatte ich also Zeit, mir für Jenna Lagari eine Marketingstrategie auszudenken. Bereits beim zweiten Hören des Songs hatte ich einige bruchstückhafte Bilder in meinem Kopf gesehen, wie diese aussehen könnte. Die Idee war provokant, doch sie passte zur Songaussage. Es galt nun nur noch, die ganze Idee etwas auszubauen und zu verfeinern.

Während der Heimfahrt hörte ich den Song wieder und wieder. Er war wirklich überaus eingängig, wenn wir es richtig machten, dann würden wir damit sicher einen Hit landen. Je öfter ich den Song hörte, desto genauer wurde auch meine Vorstellung von der Vermarktung. Im Endeffekt drehte sich meine ganze Idee um den Refrain:

From the first sip to the last drop
We can’t get enough and don’t know how to stop
Whatever we’ve got we still want more
With sugar on top

Vor meinem geistigen Auge sah ich bereits den Videoclip, der zu dem Song produziert werden müsste. Oh ja, meine Idee war wirklich provokant, aber sie könnte funktionieren. Mehr noch, wir könnten einen Trend setzen und damit selbst die Marschroute vorgeben. Die letzten vier Male hatte es funktioniert, auch wenn wir da nicht ganz so weit gegangen waren, wie ich es nun vorhatte. Mehr und mehr freundete ich mich mit meiner Idee an.

Blieb nur die Frage, ob Jenna Lagari sich darauf einlassen würde…

* * *

Drei Tage später rief ich Jeff im Büro an, um ihn über meine Fortschritte zu informieren. Bei dieser Gelegenheit teilte ich ihm auch die Marketingstrategie mit, die ich mir ausgedacht hatte. Zuerst schien er die Idee nicht für gut zu halten, doch es war nicht schwer, ihn davon zu überzeugen, dass es funktionieren würde. Ich war ein guter Redner, das wusste ich, schließlich hatte ich erst gestern Jenna dazu gebracht, sich auf meine Idee einzulassen. Ich hatte Jenna zu mir eingeladen und mit ihr nicht nur den Vertrag ausgehandelt, sondern ihr auch mitgeteilt, wie genau die Vermarktung ablaufen würde.

Natürlich hatte Jenna sich zu Beginn eher zurückhaltend gezeigt, nachdem ich ihr gesagt hatte, wie wir den Song vermarkten würden. Doch je länger ich ihr zuredete, desto mehr verstand sie, wie es funktionieren sollte. Jenna hatte mit ihrem Song sozusagen selbst das Thema der Vermarktung vorgegeben, denn mit ihrem Song wandte sie sich gegen die Raffgier in der heutigen Gesellschaft, in der jeder nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht war. Das war zwar insofern kein neues Thema, und deshalb war es auch nicht leicht, eine profitable Kampagne anlaufen zu lassen. Doch es gab ein Mittel, dass selbst beim ausgelutschtesten Thema der Welt immer wieder funktionierte: Provokation. Und genau darauf beabsichtigte ich zurückzugreifen. Es war eigentlich so nahe liegend: wie wenn nicht durch Völlerei ließ sich die Gier besser darstellen?

Zunächst hatte Jenna sich gesträubt, als ich ihr erklärte, dass sie für den Videoclip ein Fressgelage würde abhalten müssen. Wirklich schwer war es mir aber nicht gefallen, sie davon zu überzeugen, den Videoclip auf diese Art zu drehen. Gut möglich, dass das auch an dem gut dotierten Vertrag lag, den ich ihr vorgelegt hatte. Vielleicht lag es auch daran, dass wir das Video ohnehin am Computer etwas bearbeiten würden und Jenna damit nicht wirklich ein Fressgelage abhalten musste. Sie brauchte eigentlich nur so zu tun, als ob. Jedenfalls aber hatten wir uns einigen können, und so standen Vertrag und Werbekampagne. Das Video musste nur noch produziert werden, und dann könnten wir es auch schon bei den großen Musiksendern ausstrahlen lassen.

* * *

Im ganzen Studio wimmelte es von Leuten, grösstenteils Techniker, die die Geräte für die Aufnahmen vorbereiteten, Lichter justierten oder einfach nur die Kabelverbindungen überprüften. Jenna saß in der Maske und wurde geschminkt, und ich stand unweit von Joel Smitts, dem Regisseur, den ich für diesen Videodreh engagiert hatte. Er gehörte zu den besten seines Fachs und kostete eine Menge Geld, doch ich war mir sicher, dass sich die Ausgaben lohnen würden. Im Moment überwachte er den Aufbau des Sets, das für das Video benötigt wurde. Von meiner Position aus konnte ich den Raum gut überblicken. Die Bühne war in ein modernes Esszimmer umgestaltet worden, in dessen Mitte sich ein großer Tisch befand. Am Ende des Tischs stand der Stuhl, den man für Jenna bereits gestellt hatte, und einige Gehilfen deckten nach und nach das Essen auf. Im ganzen Studio duftete es nach den verschiedenen Gerichten, die zubereitet worden waren.

"Hi Larry." hörte ich Jenna’s Stimme hinter mir und drehte mich um. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie sie sich mir genähert hatte. Jenna trug Jeans und ein rotes, kurzärmeliges Top, das nur bis knapp unter ihre Brüste reichte und ihren Bauch nicht bedeckte, so dass sich ungehindert eine kleine Speckrolle über den Hosenbund schieben konnte. Jenna war nicht übermäßig geschminkt worden, denn das war gar nicht nötig gewesen. Jenna hatte wirklich ein hübsches Gesicht, und sie blickte mich fröhlich mit ihren grünen Augen an. Ihr langes, schwarzes Haar trug sie offen und es hing glatt gekämt über ihre Schultern herab. Ich musste zugeben, dass Jenna wirklich eine überaus attraktive Frau war, und das obwohl ich selbst eher schlanke Damen mochte. Vielleicht lag es daran, dass Jenna etwas anderes hatte: Ausstrahlung. Das war in unserem Geschäft ungemein wichtig, und Jenna hatte wirklich eine Menge davon.

"Hallo Jenna." begrüsste ich sie. "Bereit für den Dreh? Oder sollte ich eher sagen: hungrig?"

Jenna lachte. "Ja, ich bin bereit. Und ich hab’ einen Mordshunger, ich habe extra den ganzen Tag noch nichts gegessen." Wie zur Bestätigung knurrte ihr Magen hörbar, und sie legte eine Hand darauf und strich sanft darüber. Es schien ihr ein wenig peinlich zu sein. Verstohlen ließ sie ihren Blick durch das Studio schweifen, dann trat sie etwas näher an mich heran und sagte mit etwas leiserer Stimme: "Ich habe nicht gedacht, dass so viele Leute hier sein würden…"

"Ist das ein Problem für dich? Ich meine, ein paar davon kann ich sicher entfernen lassen." erklärte ich Jenna, und sie nickte erleichtert. Ich bat sie, einen kurzen Augenblick zu warten, und ging dann zu Joel um das Problem mit ihm zu besprechen. Joel zeigte sich einsichtig und versicherte mir, dass er bis auf die Kameraleute und zwei Assistenten alle Personen entfernen lassen würde, sobald das Set komplett aufgebaut war. Mit dieser Nachricht kehrte ich zu Jenna zurück, und sie war sichtlich erleichtert. Wenig später waren die Aufbauarbeiten abgeschlossen und Joel kümmerte sich darum, sein Versprechen einzuhalten. Nachdem nur noch das Kamerateam und seine Assistenten im Raum waren, kam er zu mir und Jenna herüber.

"Also gut, dann lasst uns mal anfangen." sagte er. Dann wandte er sich an Jenna. "Sie wissen, was sie zu tun haben?" Jenna nickte und musste lächeln, immerhin bestand ihre Rolle in nichts anderem als da zusitzen und zu essen. "Schön, dann nehmen Sie jetzt bitte ihre Position ein."

Jenna ging zum reich gedeckten Tisch, setzte sich auf den Stuhl und wartete auf weitere Anweisungen. Joel schickte die Kameraleute auf ihre Posten, seine beiden Assistenten und ich sollten ihm zu seinem Regiestuhl folgen. Ich nahm auf dem Stuhl neben dem seinen Platz, die beiden Assistenten postierten sich hinter uns.

"Sind alle soweit?" Aus verschiedenen Richtungen kamen die Bestätigungen, dann sagte Joel: "Und – Action!"

Jenna begann zu essen. Zunächst nahm sie sich eine große Portion Nudeln, über die sie eine Fleischsoße gab. Joel beobachtete die Szene genau. Er hatte insgesamt sechs Kameras an unterschiedlichen Orten postiert, so dass wir am Ende des heutigen Tages mehr als genug Filmmaterial haben würden. Kein Wunder, dass er so teuer war. Das heute aufgenommene Filmmaterial würde später geschnitten und einige Szenen aus Dritte-Welt-Ländern eingefügt. Die Mischung aus Jenna’s Fressorgie und dem Elend, das heutzutage leider immer noch dort herrschte, würde sicher den gewünschten Effekt haben. Doch bis es so weit war, lag noch eine Menge Arbeit vor uns.

Jenna hatte mittlerweile den ersten Teller geleert und sich an ein anderes Gericht gemacht. Auf dem kleinen Monitor vor mir konnte ich erkenne, dass sie gerade dabei war, einige kleine Fleischbällchen zu essen. Nach den Fleischbällchen gönnte sie sich eine kleine Schüssel mit Pudding, und danach begann sie, ihren Teller mit verschiedenem Gemüse zu füllen. So aß sie eine Weile weiter, und wir beobachteten das Schauspiel.

Ich konnte Jenna auf dem kleinen Regiemonitor, der vor Joel’s Stuhl stand, aus allen Kameraperspektiven betrachten – ich brauchte nur einen der Knöpfe zu betätigen, und schon gab es ein etwas anderes Bild. Mir fiel auf, dass Jenna ziemlich entspannt war, während sie sich durch das für sie aufgebotene Buffet futterte. Aber da war noch etwas, das mir auffiel – ich wusste nur nicht, was genau. Auf eine seltsame Art und Weise gefiel es mir, Jenna beim Essen zuzusehen, aber das war es nicht.

Kurze Zeit später hatte Jenna das Gemüse verputzt und machte sich jetzt wieder an etwas herzhafteres. Sie stand auf und beugte sich etwas nach vorn, so dass sie einen etwas weiter von ihr entfernt stehenden Teller mit Schaschlik-Spießen erreichen konnte. Sie bediente sich reichlich daran und setzte sich dann wieder, nur um weiter zufuttern.

Mittlerweile dauerte der Videodreh schon eine gute halbe Stunde und Jenna aß noch immer völlig unbekümmert weiter. Ich bemerkte, wie Joel neben mir unruhig in seinem Sessel hin und her rutschte und irgendetwas unverständliches vor sich hin murmelte. Ich tippte ihm auf die Schulter.

"Gibt es ein Problem?" erkundigte ich mich.

Joel nickte zur Antwort, dann drückte er einen der Knöpfe auf seinem Bedienpult. Das Bild des Monitors zeigte nun Jenna’s Gesicht. Sie schien zu lächeln, während sie aß.

"Da, das ist das Problem." meinte Joel und deutete mit dem Zeigefinger auf ihren Mund. "Die Kleine hat jetzt schon eine ganze Menge gegessen, und dennoch scheint es sie kein bisschen anzustrengen. Es scheint ihr sogar zu gefallen. So wird das nicht funktionieren."

Joel hatte Recht, das war es, was mir vorhin aufgefallen war. Es war mir nur nicht gleich bewusst geworden. Jenna aß mit Hingabe, was ja für sich genommen nicht schlecht war. Das Problem aber war, dass die Fressorgie für das Video abstoßend wirken müsste. So jedenfalls konnten wir die Sache mit der Provokation vergessen. Ich überlegte angestrengt, was wir dagegen tun konnten. Eigentlich hätte Jenna längst satt sein müssen. So wie es im Moment aussah, würde Jenna wohl noch bedeutend mehr essen müssen, ehe man ihr die Anstrengung ansah.

"Wie viel kann ein Mensch wohl essen?" murmelte ich vor mich hin und begann, eine Idee zu entwickeln.

"Was?" fragte Joel etwas irritiert.

"Ich meine: was, wenn wir auf Computertricks und den ganzen digitalen Müll verzichten? Wenn wir das Video nur mit dem drehen, was wir haben?" meinte ich.

Joel fasste sich mit Daumen und Zeigefinger ans Kinn und strich über die Stoppeln seines Dreitagebarts. "Du meinst, wir sollen Jenna einfach weiter essen lassen?"

"Ja." nickte ich. "Ich denke, dass es so viel glaubwürdiger werden könnte." Ganz sicher war ich mir zwar nicht, aber wenn es funktionierte, dann würden wir uns wenigstens das Geld für die Spezialisten der Special Effects-Abteilung sparen.

"Meinetwegen, ich bin ja nur der Regisseur hier." stimmte Joel zu. "Dann geh’ mal zu ihr rüber und informier’ sie über die Änderung." Joel wies das Kamerateam an, die Aufnahmen zu unterbrechen, und ich stand auf und ging rasch die wenigen Schritte zu Jenna hinüber.

"Was ist denn los?" fragte Jenna unschuldig. "Gibt es ein Problem?"

"Nun, siehst du, das gibt es in der Tat." begann ich. "Ich will gar nicht lang um den heissen Brei herumreden. Also: wir werden wohl auf die Computertricks verzichten."

"Und was heisst das?" fragte Jenna, die nicht verstand, worauf ich hinaus wollte.

"Das heisst, dass du noch etwas mehr wirst essen müssen. Genauer gesagt, sogar reichlich mehr." erklärte ich ihr und sah, wie ihre Augen sich weiteten.

"Das ist nicht euer Ernst, oder?" sie legte das Besteck, dass sie bis eben in Händen gehalten hatte, in den Teller. "Ich bin jetzt schon ziemlich satt."

"Das glaube ich dir ja, aber wir meinen, dass das Video dann glaubwürdiger wäre. Ausserdem, sieh’s doch mal so: du wärst nicht die erste, die sich ihren Erfolg erst erarbeiten müsste." redete ich auf sie ein.

Jenna senkte entmutigt ihren Kopf und murmelte ein leises "Ja".

"Nun sieh mal, versuch einfach soviel zu essen, wie du nur schaffst. Wenn es nicht reicht, dann können wir ja immer noch ein paar Tricks verwenden. Bis jetzt machst du das große Klasse!" sprach ich ihr Mut zu, und schließlich willigte sie ein.

"Na gut, wenn es sein muss. Dann sag’ deinem Regisseur da hinten aber, dass er sich jetzt auf etwas gefasst machen kann."

Ich ging wieder zurück zu Joel und setzte mich. Nachdem ich ihm mitgeteilt hatte, dass Jenna weitermachen würde, wies er einen der Kameramänner an, eine neue Position einzunehmen. Er filmte jetzt ausschließlich Jenna’s Bauch.

"Sind alle bereit?" fragte Joel ein zweites Mal und gab erneut den Startbefehl.

Jenna hatte nicht gelogen als sie angekündigt hatte, dass wir uns auf etwas gefasst machen konnten. Kaum hatten wir zum zweiten Mal mit den Aufnahmen begonnen, schon begann Jenna wie eine Besessene über das noch verbliebene Buffet herzufallen. Obwohl sie eigentlich satt sein musste, aß sie jetzt schneller als vorhin, und es war auch bei weitem nicht mehr so stilvoll. Nein, eigentlich aß sie nicht mehr, jetzt frass sie richtig. Ein Blick auf den Monitor zeigte, dass ihr Gesichtsausdruck nicht mehr so entspannt war wie vorhin. Er hatte sich in eine Mischung aus Wut, Enttäuschung und Gier verwandelt. Jetzt wirkte es genau so, wie wir es brauchten!

Eine Weile aß Jenna mit diesem Tempo weiter, und allmählich wurden die Berge an Essen, die sich noch zu Beginn des Videodrehs auf dem Tisch vor ihr aufgetürmt hatten, kleiner. Jenna aß wahllos alles, was sich in ihrer Reichweite befand: mal war es ein Schälchen Pudding, mal etwas Obst, dann wieder ein Stück fettes Fleisch oder irgendwelche Beilagen. Jenna stand die Anstrengung mittlerweile deutlich ins Gesicht geschrieben, und einige Male sah es so aus, als würde sie im nächsten Moment aufgeben. Es war richtig faszinierend, ihr dabei zuzusehen, wie sie sich jedes Mal neu überwinden konnte und weiter futterte. Im Moment zeigte der Monitor eine Aufnahme ihres Bauches. Mir fiel auf, dass er sich jetzt schon ein gutes Stück mehr über ihren Hosenbund schob als noch zu Beginn. All das Essen, das sie in sich hinein schaufelte, begann ihren Magen zu füllen und ließ ihren Bauch tatsächlich voller aussehen. Bis jetzt war ich mir nicht sicher gewesen, ob es wirklich funktionieren würde, doch jetzt hatte ich die Bestätigung.

Jenna hielt gute zwanzig Minuten durch, dann lehnte sie sich zurück und begann an ihrem Hosenknopf herum zufummeln. Offensichtlich war ihr die Hose einfach zu eng geworden, kein Wunder bei den Mengen, die sie bereits in sich hinein gestopft hatte. Ich fragte mich, wie Jenna sich jetzt wohl fühlen mochte. Sie hatte wahrlich mehr als genug gegessen und musste eigentlich pappsatt sein. Mit einiger Anstrengung konnte sie die Jeans schließlich öffnen. Ihr Bauch nutzte die neu gewonnenen Freiheit augenblicklich aus und schob sich kugelig aus der geöffneten Hose. Neben mir sah ich, wie Joel anerkennend nickte.

"Jetzt haben wir es genau so, wie wir es brauchen. Die Kleine macht das wirklich gut." murmelte er mir zu. "Wie lange sollen wir noch aufzeichnen?" fragte er mich.

Ich überlegte kurz. Joel hatte Recht, wir hatten eigentlich genügend Filmmaterial zusammen, richtig geschnitten würde es noch um ein gutes Stück extremer wirken, als es ohnehin schon war. Dennoch entschied ich mich dagegen, den Dreh jetzt schon zu beenden. Ich weiß nicht, warum ich das getan habe, aber ich sagte mir, dass wir möglicherweise noch besseres Material als das bereits Aufgenommene erhalten könnten. Was ich mir zu diesem Zeitpunkt nicht eingestand war, dass ich auch ein wenig neugierig war und sehen wollte, wie weit Jenna tatsächlich gehen würde. Ausserdem brauchten wir ohnehin noch die Schlussszene, für die ich mir etwas ganz besonderes ausgedacht hatte.

Jenna hatte nach dem Öffnen ihrer Hose eine kurze Pause eingelegt und blickte zu uns herüber, wahrscheinlich hoffte sie, dass wir ihr ein Zeichen gaben und sie aufhören konnte. Statt dessen gab ich Joel zu verstehen, dass der Dreh noch nicht beendet war. Joel winkte ihr daher hastig zu und rief ein knappes "Weitermachen!" in Jenna’s Richtung. Ich konnte sehen, wie sie ein ungläubiges Gesicht machte, sie schließlich seufzte und sich wieder daran machte, sich weiter voll zustopfen.

Im Gegensatz zu vorhin hatte sich ihr Tempo jetzt deutlich verringert, und sie kaute jeden Bissen sehr lange, bevor sie schließlich schluckte. Mir fiel auf, dass sie sich nicht mehr so elegant bewegte, wenn sie sich ein weiteres Mal ihren Teller mit irgendwelchen Leckereien füllte. Ihre Bewegungen waren jetzt langsam und träge. Das ja auch kein Wunder, vielmehr erstaunte es mich, dass sie überhaupt noch die Kraft fand, ihren Bauch weiter voll zuschlagen. Im Video würde sich dieses lustlose Vollstopfen sicher gut machen.

Immer wieder kontrollierte ich den Monitor und überwachte so den Dreh. Ich gab mir alle Mühe, mein persönliches Interesse an der Situation zu verbergen, doch es fiel mir erstaunlich schwer. Ich war mir einige Male gar nicht sicher, ob das Video überhaupt die erhoffte Wirkung haben könnte, denn irgendwie gefiel mir, was ich sah. Doch ein Blick in die Gesichter von Joel und seinen Assistenten verriet mir, dass sie von Jenna’s Völlerei nicht so angetan waren wie ich selbst. Bei ihnen schien es genau die beabsichtigte Wirkung zu haben: Unverständnis, Unglauben und sogar ein bisschen Ekel konnte ich in ihren Blicken erkennen.

Auf Jenna’s Stirn hatten sich vor Anstrengung mittlerweile kleine Schweißperlen gebildet, und gelegentlich rülpste sie leise. Es war offensichtlich, dass in wenigen Augenblicken Schluss sein würde. Sie hatte jetzt etwas länger als eine Stunde wie eine Besessene gegessen, und die Folgen dieser Fressorgie waren unübersehbar. Selbst ohne dass ich auf den Monitor blickte konnte ich sehen, wie prall gefüllt ihr Bauch sich nach vorn wölbte. Als Jenna schließlich ein weiteres der Fleischbällchen verzehrt hatte, lehnte sie sich zurück, rülpste laut und winkte ab.

"Ich geb’ auf, mehr schaff’ ich einfach nicht…" flüstere sie, aber wir verstanden es trotz der paar Meter zwischen der Bühne und unserer Position dank der aufgestellten Mikrophone dennoch sehr gut.

"Cut!" rief Joel, und das Team beendete die Aufnahmen.

"Einen Moment, wir haben den letzten Bissen noch nicht im Kasten." erklärte ich.

"Wie bitte?" Joel blickte mich fragend an. "Welchen letzten Bissen? Wir haben doch alles aufgezeichnet."

"Die Schlussszene fehlt noch." ich wandte mich an Joel und erklärte ihm meine Idee. Nachdem ich damit fertig war nickte er, griff sich selbst eine der Kameras und dann gingen wir hinüber zu Jenna.

"Hab’ ich’s geschafft?" fragte sie mit leiser Stimme, aber ohne den Kopf in unsere Richtung zu drehen. Ich konnte hören, dass ihr Magen gelegentlich leise gurgelte, anscheinend verdaute er die Unmengen an Essen, die er hatte aufnehmen müssen.

"Beinahe." sagte ich. "Es fehlt nur noch eine letzte Szene."

"Ich soll noch mehr essen?" fragte Jenna erschrocken. "Ehrlich, ich schaff’ nicht einen Bissen mehr…"

"Keine Sorge," sprach ich ihr Mut zu, "du brauchst nur den Mund auf zumachen, wenn ich es dir sage."

Jenna blickte mich fragend an, nickte aber schließlich schwach. Joel ging in Position und hielt die Kamera so, dass sie nur Jenna’s Gesicht im Profil zeigte. Ihr Mund war genau in der Mitte des Bildes zu sehen. Ich nahm unterdessen einen kleinen Löffel und schaufelte etwas Zucker auf, dann drehte ich mich zu Jenna und schob ihn ihr langsam an die Lippen.

"Mund auf!" befahl ich, und Jenna tat wie ihr geheissen. Ich stopfte schnell den Löffel hinein und ließ sie die süße Zuckermasse vom Löffel lecken. Sie schloss die Lippen, und ich zog den Löffel vorsichtig aus ihrem Mund.

"Und… Cut!" sagte Joel, nachdem die Szene im Kasten war.

Jenna schluckte den Zucker schwer hinunter, dann blickte sie mich an. "Mit Zucker oben drauf, ich verstehe…" lächelte sie schwach.

"Ganz genau." lächelte ich zurück.

* * *

Das Video schlug ein wie eine Bombe und hatte genau die erhoffte Wirkung. Schon nachdem es zum ersten Mal ausgestrahlt worden war, standen unsere Telefone nicht mehr still. Jeder wollte Jenna in seiner Show oder zumindest ein kurzes Interview mit ihr. Schnell war Jenna’s Video in aller Munde, und die Verkaufszahlen des Songs konnten sich sehen lassen. Das Risiko und Jenna’s harte Arbeit hatten sich wirklich gelohnt.

Neben dem finanziellen Erfolg gab es aber noch weitere positive Nachrichten, zumindest für meine Person. Nein, ich meine nicht das Büro gegenüber von Jeff, das mir wieder einmal angeboten worden war – und welches ich wie immer abgelehnt hatte. Dennoch hatte es eine Veränderung in meinem Leben gegeben. Jenna war nicht nur unser neuer Star, sondern seit zwei Wochen auch meine Frau. Es hatte eine große Verlobungs- und kurze Zeit später Hochzeitsfeier gegeben, doch wie es dazu gekommen ist, das ist eine andere Geschichte.

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